Umgang mit Fremdpersonal im GMP-Umfeld am Beispiel Outsourcing der Reinigung

    

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Einleitung

Dieser Artikel soll Reinigungsprozesse im Umfeld der pharmazeutischen Produktion, d.h GMP-regulierten Bereichen betrachten. Spätestens mit Erscheinen der Draftversion des Annex 1 zum EU-GMP-Leitfaden vom Februar 2020 (v12) kommt dem nahezu allumfassenden Thema "Kontaminationskontrolle" eine gewichtige Rolle im Rahmen der Herstellung von sterilen Produkten zu. Explizit wird hier eine Umlegung von Strategien der aseptischen Herstellung, unter anderem der Kontaminationskontrollstrategie ("contamination control strategy") auf die Herstellung nicht steriler Darreichungsformen von Pharmazeutika, erwähnt bzw. wird somit auch empfohlen. Reinigungsprozesse generell sind dort im Rahmen von einer Vielzahl von Maßnahmen von Bedeutung. Besonders im Kontext einer Kontaminationskontrollstrategie wäre hier die Reinigung produktberührender Oberflächen, , im speziellen die Kontrolle von sog. Kreuzkontaminationen, zu betrachten. Diese ist regulatorisch bezüglich ihrer Validierung im Annex 15 zum EU GMP-Leitfaden in der gültigen Version von 2015 beschrieben Im Rahmen dieses Artikels soll jedoch ausschließlich auf die Reinigung von nicht produktberührenden Oberflächen, wie etwa Oberflächen der Reinräume selbst eingegangen werden. Somit sind sämtliche "reinigungsvaliderungspflichtige" Oberflächen nicht Teil der nachfolgenden Betrachtungen und Überlegungen.

Definitionen/Begriffsbestimmung

Der Begriff der Kontamination ("contamination") wird häufig verwendet, ohne seine klare Abtrennung von Verunreinigung ("impurity") per definitionem zu beachten. Kontamination ist demnach lediglich das Vorhandensein oder das Hereinbringen einer Gefahr (Definition aus dem österreichischen Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz). Somit ist, im Gegensatz zu einer Verunreinigung, eine Kontamination immer exogenen Ursprungs, während eine Verunreinigung im Rahmen des Produktionsprozesses entsteht und aktiv entfernt werden muss. Als Beispiel sei hier eine Endotoxinanhäufung im Rahmen von biotechnologischen Prozessen mit bestimmten Produktionsorganismen (z. B.: E. coli) genannt. Genau die gleiche Substanz kann bei einer mikrobiologischen Kontamination als Kontaminant auftreten, für die im Routineprozess keine spezifischen Abreicherungs- bzw. Entfernungsverfahren vorgesehen sind. Des Weiteren ist eine Kontamination immer eine Frage der Quantität und kontextabhängig. Unterschieden werden hierbei:

  • Nicht-kritische Kontamination:
    Die Konzentration liegt unter einem Schwellenwert (Akzeptanzlimit).
  • Kritische Kontamination:
    Quantität der Kontamination überschreitet eine risikobasierte Schwelle (Akzeptanzlimit);

Wir meinen typischerweise eine kritische Kontamination, wenn wir von "Kontamination" sprechen.

Um diese Kontamination zu vermeiden bzw. adäquat zu entfernen, sind unter anderem Reinigungsprozesse essenziell.

Behördliche Vorgaben und Richtlinien

Um die Anforderungen im Zusammenhang mit dem Outsourcen von Reinigungsprozessen an externe Dienstleister vollumfänglich erfassen zu können, sind zwei Kategorien von Anforderungen zu ermitteln:

1. Die generellen Anforderungen, welche an pharmazeutische Herstellbetriebe gestellt werden, die Tätigkeiten auslagern, zu ermitteln. Danach sind spezifische Anforderungen an Personal im Reinraum und den Reinigungsprozess zu eruieren.

Grundlegende Vorgaben zur Auslagerung von Tätigkeiten

Hervorzuheben ist, dass die letztendliche Verantwortung beim "Zulassungsinhaber", sprich beim pharmazeutischer Hersteller liegt. Dies muss allen Beteiligten, sowohl des Auftraggebers als auch des Auftragnehmers, bewusst sein.

Darauf zielt der EU-GMP-Leitfaden im Kapitel 7 ("Ausgelagerte Tätigkeiten") unter Punkt 7.7 ab:

"Der Auftraggeber sollte die Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers und die Identifizierung und Einführung aller erforderlichen Verbesserungen überwachen und überprüfen."

Dies wird üblicherweise im Rahmen eines Qualitätsvertrages festgelegt. Ein Teilaspekt dieser Anforderung ist die Kommunikationsstruktur, die ein essenzieller Bestandteil der Zusammenarbeit ist. In dieser wird festgelegt, wer die Schnittstellenfunktionen bei Auftraggeber und Auftragnehmer inne hat und somit, welcher Mitarbeiter wem weisungsberechtigt ist. Sinnvoll ist es, pro Schicht jeweils eine "Paarung" der Personen mit den entsprechenden Funktionen festzulegen. Dies garantiert, dass ein Mitarbeiter des Auftragnehmers nicht Anweisungen eines "unbefugten" Mitarbeiters des Auftraggebers entgegen nimmt und im schlimmsten Fall Tätigkeiten falsch, verspätet oder gar nicht durchgeführt werden.

Darüber hinaus ist vom Auftraggeber zu gewährleisten, dass beim Auftragnehmer als Dienstleister ein adäquates Änderungskontrollsystem etabliert ist. Dies ist im Kapitel 7 unter Punkt 7.12 beschrieben:

"Der Auftragnehmer sollte keine ungenehmigten Änderungen außerhalb der Vertragsbedingungen vornehmen, die die Qualität der ausgelagerten Tätigkeiten für den Auftraggeber ungünstig beeinflussen könnten."

Diese Punkte sind im Vorfeld abzuklären und auch in Dokumenten wie Qualitätsvereinbarungen schriftlich festzuhalten.

Richtlinien zu Personal und Reinigung (gemäß Annex 1)

Die Vorgaben zu diesen Themen gelten gleichermaßen für internes bzw. externes Personal. Zusätzlich können die Vorgaben des Annex 1 auch für die Herstellung von Nicht-sterilen Arzneimitteln angewendet werden. In der Draft-Version von 02/2020 (v12) wird dies sogar explizit im Kapitel 1 ("Scope") erwähnt:

"The intent of the Annex is to provide guidance for the manufacture of sterile products. However, some of the principles and guidance, such as contamination control strategy, design of premises, cleanroom classification, qualification, monitoring and personnel gowning, may be used to support the manufacture of other products that are not intended to be sterile such as certain liquids, creams, ointments and low bioburden biological intermediates but where the control and reduction of microbial, particulate and pyrogen contamination is considered important. Where a manufacturer elects to apply guidance herein to nonsterile products, the manufacturer should clearly document which principles have been applied and acknowledge that compliance with those principles should be demonstrated."

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Bezüglich des Ergebnisses der Reinigung gibt es im Annex 1 unter Punkt 3 folgende Vorgaben:

"[…] Jeder Herstellungsvorgang erfordert einen angemessenen Reinheitsgrad der Umgebung im Betriebszustand, um das Risiko einer Kontamination des betreffenden Produktes oder Materials mit Partikeln oder Mikroorganismen möglichst gering zu halten."

Im Zusammenhang mit ausgelagerten Tätigkeiten im Reinraum allgemein, aber speziell für Reinigungsprozesse, ist entscheidend, dass allen beteiligten Mitarbeitern bewusst ist, was in diesem Zusammenhang "angemessen" bedeutet und in welchen Voraussetzungen, Maßnahmen und Prozessen und sich dieser Reinheitsgrad widerspiegelt.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass die Reinigung selbst Kontaminationsrisiken birgt. Dies kann durch inadäquate Ankleideprozedere des Fremdpersonals, Reinraumverhalten, Reinigungstechniken u. Ä. verursacht werden. V. a. eine mikrobiologische Kontamination des Reinraums kann durch die Proliferation der Mikroorganismen bzw. auch durch die Entstehung von (Endo)Toxinen eine Gefährdung für das Produkt darstellen. Diese Thematik wird im Punkt 18 des Annex 1 adressiert:

"[…] Zusätzliche mikrobiologische Überwachung ist auch außerhalb der Produktionsvorgänge erforderlich, z.B. nach Validierung von Systemen, Reinigung und Desinfektion."

Zu guter Letzt wird auf die Thematik Schulung eingegangen, die in allen Aspekten der Auslagerung von Reinigungstätigkeiten extrem relevant ist, da die Tätigkeit im Herstellbereich von Arzneimitteln durchgeführt wird. Die Arbeitsumgebung in Reinräumen fordert durch ihre Beschaffenheit ein spezielles Verhalten und Vorgehen, und die Robustheit & Reproduzierbarkeit von manuellen Reinigungsprozessen sind als kritisch zu bewerten. Dies wird im Punkt 37 des Annex 1 beschrieben:

"Das gesamte in reinen Bereichen tätige Personal (einschließlich des Reinigungs- und Wartungspersonals) sollte regelmäßig in den für die sachgemäße Herstellung steriler Produkte wichtigen Disziplinen geschult werden."

Stellenwert der (Reinraum)Reinigung

Makroskopisch und subjektiv aus Sicht des Reinigungspersonals sind pharmazeutische Produktionsbereiche, im speziellen Reinräume der Reinraumklasse A und B, doch ohnehin (fast) immer sauber bzw. rein. Warum ist dann ein, meist sehr aufwändiger, Reinigungsprozess notwendig? Die Antwort findet sich im subvisuellen Bereich. Unter den verschiedenen physikalischen, chemischen oder partikulären Kontaminationsarten fällt neben der Kreuzkontamination (Produkt- oder Wirkstoffverschleppung) besonders die mikrobielle Kontamination besonders ins Gewicht. Diese weist erstens eine zeitabhängige Komponente durch die Proliferationsfähigkeit von Mikroorganismen auf; zweitens kann eine mögliche Toxinproduktion durch Mikroorganismen ein zusätzliches Risiko für die Produktqualität und infolgedessen für die Patientensicherheit darstellen.

Dieser Sachverhalt ist im Rahmen der Schulungen von Mitarbeitern, die mit der Reinigung von Reinräumen betraut sind, immer wieder zu adressieren. Dies ist vor allem in Reinräumen der Klasse A/D der Fall, in denen sterile Arzneimittel aseptisch hergestellt werden, und sozusagen die Gefahr eine nicht sichtbare ist. Dadurch wird der Gedankengang "Ist doch alles sauber hier! Warum soll ich denn da reinigen?" unterbunden und eine Sensibilisierung für die immense Wichtigkeit der Raumreinigungstätigkeit im Rahmen der übergreifenden Kontaminationskontrollstrategie erreicht und gefestigt. Somit kann gewährleistet werden, dass die nicht-produktberühenden Oberflächen in diesen prozess- und produktkritischen Bereichen nicht nur sauber (frei von sichtbaren Verunreinigungen), sondern auch rein (frei von sichtbaren und subvisuellen, mikrobiellen und partikulären, Verunreinigungen) sind.

Diese Reinigungsprozesse der Oberflächen in den Räumen der Herstellung von Arzneimitteln können nur einer stichprobenartigen Prozessüberprüfung als Erfolgskontrolle unterzogen werden. Zur Kontrolle dient zum einen das Umgebungsmonitoring, das eine stichprobenartige, stellenweise mikrobielle Kontrolle der Oberflächen darstellt, zum anderen eine visuelle Überprüfung der Prozesse im Rahmen des "Quality Assurance Oversight", das dann eine zeitliche Stichprobe darstellt.

Dabei, aber auch generell, sind folgende Parameter im Rahmen der Bewertung dieser Reinigungsprozesse zu beachten:

  • Erfahrung der durchführenden Personen
  • Schulung der durchführenden Personen

Und dadurch

  • Qualifikation der durchführenden Personen
  • Verhalten der durchführenden Personen

Aber prinzipiell sind abseits der Stichproben obige Punkte zu erfüllen, da nicht die Kontrolle, sondern das System die Garantie für eine robuste Reinigung mit gleichbleibendem Ergebnis ist und die Grundlage dafür ist die korrekte Anwendung der geschulten Techniken.

Die Reinigung erfolgt:

  • "von oben nach unten"
  • "von innen nach außen"
  • "in Schleusen nach den Vorgaben (Bekleidung, Technik, Produkte) der nachfolgenden höheren RRK"
  • "flächendeckend durch richtige Technik (überlappend)"

Teil der Schulung der korrekten Anwendung dieser Reinigungstechniken kann neben video-unterstützer Schulung eine Videoaufnahme des zu Schulenden selbst sein, um Optimierungen des eigenen Vorgehens zu ermöglichen. Gerade bei höheren Reinraumklassen ist auch im Rahmen der theoretischen Schulung ein Blick über den Tellerrand zu bieten und neben dem "Was ist zu tun?" auch das "Warum wird das so gemacht?".

Des Weiteren hat sich gerade aufgrund der Kritikalität in hohen Reinraumklassen (Stichwort: "Ich reinige eine optisch saubere Oberfläche") eine Visualisierung des Reinigungserfolges durch Aufbringen von fluoreszierenden Substanzen auf Testoberflächen im Rahmen der praktischen Teile einer Schulung bewährt. Hierbei wird eine Vertiefung durch den "learning by doing"-Effekt erreicht. Auch eine Reinigung in Testräumen außerhalb der Reinräume in produktionsspezifischer Kleidung mit den zu verwendeten Reinigungsutensilien kann Teil der praktischen Schulung sein, um potenzielle Schwachstellen, z. B. bei den Reinigungstechniken, aufzuzeigen 

Durch die Kritikalität von Mikroorganismen im Produktionsumfeld sind Reinigungs- und Desinfektionsprozesse in Produktionsbereichen unter folgenden Gesichtspunkten zu entwickeln und implementieren:

  • Reinigung entfernt Verschmutzungen Produktrückstände und gegebenfalls Mikroorganusmen von Oberflächen
  • Reinigung und Desinfektion unterbrechen die Kontaminationskette der Mikroorganismen
  • Reinigung entzieht den Mikroorganismen das für die Vermehrung benötigte Nährsubstrat
  • Desinfektion inaktiviert bzw. reduziert die Mikroorganismen
  • Beide dienen der Vermeidung der Weitergabe von Schmutz, Produktresten und Mikroorganismen in die Produkte

Ein immer wieder diskutierter Punkt, vor allem durch ökonomische Gesichtspunkte bestimmt, ist, ob der immer höhere regulatorische Druck und Arbeitsaufwand bei der Flächenreiningung überhaupt noch im richtigen Verhältnis zum Benefit steht An dieser Stelle sollte man sich die Frage stellen, wie viele Ressourcen in die Prozesse der Aufrechterhaltung des Reinheitsgrades in pharmazeutischen Produktionsräumen investiert werden: zum Einen in die Erhaltung der Reinheit der Luft durch HKLS-Anlagen und zum Anderen in die Erhaltung der Reinheit der Oberflächen durch qualifiziertes Reinigungspersonal und Equipment.

Dabei ist generell zu sagen, dass, auch beim Outsourcen der Reinigungsprozesse, diese von Fachpersonal auszuführen ist. Man sollte sich und evtl. auch die Einkaufsabteilung sensibilisieren und hierbei folgende Fragen stellen:

  • Lassen Sie Ihre Lüftungsanlage im Reinraum von jemanden bauen, der sich auf Klimaanlagen für Büros spezialisiert hat?
  • Lassen Sie Ihren Reinraum von jemanden reinigen, der sich auf die allgemeine Gebäudereinigung spezialisiert hat?

Wobei die Verbesserung der Qualität und Effizienz der Reinraumreinigung oft durch einfache Maßnahmen bzw. Änderung der Sichtweise zu erreichen ist. Die Maßnahmen hierbei sind die Reinigungs-SOPs, soweit möglich mit bebilderten Anleitungen, zu erstellen und generelle, raum- bzw. zonenunabhängige Grundtechniken bei der Reinigung zu etablieren.

Fast noch wichtiger ist es, ein Verständnis zu etablieren, dass Reinigungsprozesse integraler Bestandteil des Produktionsprozesses sind und keine niedrigpriorisierten und losgelösten "Supportprozesse".

Outsourcing am Beispiel Reinigung Vergleich Fremdreinigung – firmeninterne Reinigung

Nachfolgender Vergleich bezüglich Reinraumreinigung kann beispielhaft für andere Tätigkeitsbereiche (z. B.: Wartungs- und Instandhaltungstechniker für Produktionsanlagen, Lüftungsanlagen oder Mediensysteme, IT-Dienstleistungen für GMP-relevante Computersysteme, …) gesehen werden.

Bevor eine Fremdvergabe von Reinigungstätigkeiten erfolgt, sollten die Vor- und Nachteile beim Einsatz von Fremd bzw. eigenem Personal, vor allem bezogen auf die betroffenen Prozesse, ausführlich erfasst und abgewogen werden. die Fremdvergabe an sich aber auch die Abwägung von Pros und Cons ist, spätestens mit der neuen Version des Annex 1, als Teil der Kontaminationskontrollstrategie zu sehen. Dies sollte im Rahmen einer Risikoevaluierung durchgeführt und dokumentiert werden. Bereits jetzt ist es für die Erfüllung der Anforderungen eines QRM notwendig, eine Entscheidung basierend auf einer Risikobewertung durchzuführen und zu dokumentieren., Dabei ist letztendlich immer der Einfluss auf die Produktqualität und die Patientensicherheit zu bewerten.

Der Autor hat nachfolgende sieben Themengebiete gewählt und versucht dafür die Vor- bzw. Nachteile von firmeninterner Reinigung und Fremdreinigung zu vergleichen:

  • Prozessverständnis
  • Zeitliche Ressourcen
  • Motivation
  • Fluktuation von Personal
  • Reinigungssysteme
  • Verbesserungsvorschläge
  • Wirtschaftliche Aspekte

Es handelt sich dabei nicht um eine vollständige Liste, sie kann aber als Ausgangsbasis für eine Evaluierung dienen, da die genannten Themen generell in allen pharmazeutischen Herstellbetrieben von Relevanz sind. Diese Themenliste kann beliebig um firmenspezifische Themen erweitert werden, wenn es Prozesse oder Produkte bedingen, wie etwa bei Containmentan-forderungen oder bei Radiopharmazeutika.

Tabelle 1: Herausforderung Prozessverständnis

Fremdreinigung

firmeninterne Reinigung

Oft kein Verständnis des Produktionsprozesses, dadurch potenzielles Gefahrenpotential Oft zu wenig Verständnis für den Reinigungsprozess an sich
Fremdreinigungspersonal sollte unbedingt den Produktionsprozess berücksichtigen ? auch ein Thema der Vertraulichkeit

Tabelle 2: Herausforderung zeitliche Ressourcen

Fremdreinigung

firmeninterne Reinigung

Personal kann sich ausschließlich auf die Reinigung konzentrieren Reinigungspersonal hat oft auch andere Aufgaben
Wenn das Produktionspersonal auch reinigt, ist fraglich, ob genug Zeit für eine korrekte Reinigung reserviert wird

Tabelle 3: Motivation

Fremdreinigung

firmeninterne Reinigung

Reinigung in Reinräumen wird als wichtige, "besondere" Aufgabe gesehen Reinigung durch das Produktionspersonal: wird teilweise nicht als gleichwertige Arbeit zu Produktionstätigkeiten angesehen (was sie aber gerade im Reinraumumfeld ist!)
Reinigung von optisch "sauberen" Oberflächen Reinigung von optisch „sauberen“ Oberflächen

Tabelle 4: Fluktuation von Personal

Fremdreinigung

firmeninterne Reinigung

Bei manchen Firmen: häufig wechselndes Personal, dadurch immer wieder Einschulungen notwendig (inkl. Reinraumqualifizierung), fehlende Routine Immer dasselbe Personal (an Aufgaben gewöhnt, dadurch weniger Fehler, Können gegenseitig als Back-Up dienen)
Geschultes Back-up Personal sollte zur Verfügung stehen

Tabelle 5: Reinigungssysteme

Fremdreinigung

firmeninterne Reinigung

Erfahrung mit Reinigungssystemen, Einzel-komponenten sind aufeinander abgestimmt Recherchen notwendig, um ein Reinigungssystem zu erstellen und zu optimieren

Tabelle 6: Verbesserungsvorschläge

Fremdreinigung

firmeninterne Reinigung

Hat Erfahrung mit Reinigungssystemen Kennt den Produktionsprozess besser
Kennt die Trends am Markt und kann dadurch leichter Optimierungsvorschläge bringen Bringt Verbesserungsvorschläge aus der Sicht des Produktionsprozesses

Tabelle 7: Wirtschaftliche Aspekte

Fremdreinigung

firmeninterne Reinigung

Es wird ein Ergebnis zugekauft, d. h. es gibt eine fixe Kalkulationsgrundlage Flexibler
Keine Ressourcenengpässe bei Personalausfällen (Krankheit, Urlaub, …) insofern Back-Up eingeplant ist Qualifikation der Mitarbeiter (Reinraumfreigabe ohnehin erforderlich, überlappende Schulungsinhalte)

Basierend auf diesen Gegenüberstellungen und einer Gewichtung der Parameter kann im Nachfolgenden entschieden werden, wo Fremdreinigung sinnvoll einzusetzen und zu implementieren ist.

Wo ist Fremdreinigung sinnvoll?

Nachfolgende Überlegungen sind lediglich Empfehlungen des Autors und stellen weder verbindliche bzw. behördliche Vorgaben dar.

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Zu überlegen ist eine Auslagerung der Reinigung von großflächigen Bereichen, wie z. B. "niedrigen" Reinraumklassen (RRKc oder D) oder sogenannten CNC-Bereichen (CNC, "controlled not classified), die in einem oder mehreren mikrobiologischen und/oder physikalischen Umgebungsparametern überwacht werden.

Auch die Auslagerung von regelmäßig wiederkehrenden Reinigungstätigkeiten mit gleichbleibenden Anforderungen, die aber nicht unter "Routinetätigkeiten" fallen ist eine Überlegung wert. In solchen Fällen werden "Spitzen" des Reinigungsaufwandes, z.B. Grundreinigung beim Shut-Down (Produktionsstillstand, z.B. zu Wartungszwecken) oder bei beim Change-Over (Produktwechsel bei der Kampagnenproduktion) durch eine Kapazitätsaufstockung mit Fremdpersonal abgefangen. Dieses Vorgehen spiegelt generell den üblichen Einsatz von Fremdpersonal bei "peaks" in der Arbeitsbelastung wider. Der Routinebetrieb wird meist vom firmeninternen Personal durchgeführt, die dann bei vermehrtem Aufwand von externen Mitarbeitern unterstützt werden.

Bei Produktionsstillständen werden auch oftmals Reinigungstätigkeiten "Hand in Hand" mit präventiven Wartungstätigkeiten durchgeführt, u. a. die Reinigung der Lüftungsanlagen im Rahmen des Wartungsstillstandes. Die abschließende Grobreinigung vor erneuter Inbetriebnahme der Reinräume ist auch ein Prozess, der starken Mehraufwand für das Routinepersonal bedeutet und für welchen häufig externes Reinigungspersonal hinzugezogen wird.

Andererseits gibt auch Bereiche, in denen der Einsatz von externen Reinigungskräften nicht zu empfehlen ist. Hierzu zählen bei der aseptischen Herstellung von sterilen Arzneimitteln die Reinraumbereiche der Klassen A und B, insbesondere die Anlagenoberflächen in diesen Bereichen. Abhängig vom Produktionsprozess sind auch bestimmte Anlagenoberflächen unabhängig der Reinraumklassifizierung sinnvollerweise von firmeninternem Personal zu reinigen. Dies betrifft neben Bereichen mit empfindlichen Prozessschritten insbesondere Anlagen mit einer Vielzahl sensibler Mess-Sensorik oder auch Arbeitsoberflächen mit kritischen Instrumenten, wie etwa Waagen. Ein Anheben der Waagen zum Zweck der Reinigung der Arbeitsoberfläche darunter, kann einen massiven Einfluss auf die nachfolgende Wägegenauigkeit haben und eine Justge bis zur Eichung nach sich ziehen. Insbesondere, wenn dies unentdeckt bleibt, kann ein negativer Einfluss auf die Produktqualität und Patientensicherheit entstehen. Zusätzlich können auch Containmentanforderungen dazu beitragen, sich gegen eine Auslagerung bestimmter Reinigungsprozesse zu entscheiden.

Worauf ist bei der Vergabe der (Rein)raumreinigung zu achten?

Generell ist es immer eine gute Vorgehensweise, bei potenziellen Lieferanten und Dienstleistern Referenzen anzufordern, um abschätzen zu können, ob bereits Vorwissen und Expertise im pharmazeutischen Umfeld generell und evtl. für Bereiche mit spezifischen Anforderungen (aseptische Herstellung, Multi- Produktanlagen, Schichtproduktion oder evtl. bis zu kontinuierlicher Produktion) vorhanden ist.

Ein große Hilfe kann ein standardisierter Fragenkatalog (zumindest für die Grundanforderungen) sein, besonders wenn eine Fremdvergabe für mehrere Gebäude oder sogar Niederlassungen erfolgen soll. Das erleichtert ein harmonisiertes Vorgehen und auch den Umgang mit Inspektoren von Behörden und externen Auditoren. Nachfolgende Fragen sind Beispiele, die gemäß den spezifischen Anforderungen entsprechend zu erweitern sind:

  • "Wie gehen Sie bei der Reinigung vor?"
  • "Welche Reinigungs- & Desinfektionsmittel verwenden Sie und warum?"
    - eventuell legen Sie diese fest, oder stellen sie sogar zur Verfügung
  • "Sind Ihre Reinigungs- & Desinfektionsmittel "ready-touse" oder individuell selbst gemischt bzw. verdünnt?"
  • "Welche Qualifikation haben die Mitarbeiter?"
  • "Wie bestimmen Sie die Reinigungsintervalle für Nicht- Reinraumbereiche?"
  • "Wie garantieren Sie den Schulungsstatus der Mitarbeiter?"

Sinnvoll ist es, genau festzulegen und zu dokumentieren, was von der Fremdreinigungsfirma erwartet wird. Definieren Sie außerdem, analog einer Projektmanagementmatrix, neben den Zielen auch Nicht-Ziele der Kooperation. Die Nicht-Ziele betreffen hier insbesondere Tätigkeiten, die von den Fremdfirmenmitarbeitern keinesfalls durchgeführt werden soll. Hier gilt leider oft aus der Erfahrung: "Gut gemeint ist nicht gut gemacht". Punkte, die jedenfalls in der Qualitätsvereinbarung enthalten sein sollten, sind unter anderem:

  • Wer übernimmt die Kosten für die Qualifizierung?
  • (z. B. Freigabe für die Reinraumklassen)
  • Wann soll gereinigt werden?
  • Wer übernimmt die Verantwortung für welche Bereiche?

Wie schon erwähnt, spielt die Thematik der Schnittstellen bzw. Ansprechpartner eine zentrale Rolle. Es muss unbedingt festgelegt werden, wo die Reinigung des firmeninternen Personals aufhört und wo die Reinigung des Fremdreinigungspersonals anfängt und, noch viel wichtiger, wer darf bzw. soll wem Anweisungen geben. Dies muss auch Mitarbeitern des Auftraggebers bekannt sein, um den reibungslosen Ablauf der Dienstleistung - in diesem Fall der Reinraumreinigung - gewährleisten zu können.

Das Ziel dieser Auslagerung ist eine länger dauernde Kooperation mit der Möglichkeit, Aufgabenbereiche sinnvoll auszudehnen. Dies kann bedeuten, dass zusätzlich z. B. gewisse Kontrollaufgaben durchgeführt werden können, wie etwa Eintrittslisten in Reinraumbereiche arbeitstäglich zu wechseln oder etwa, da die Ablageflächen dafür ohnehin vom Fremdfirmenpersonal gereinigt werden, die Administration von Reinraumkleidung. Des Weiteren kann es auch Sinn machen, die Administration der selbst auszufüllenden Dokumentente, wie bspw. Reinigungslogs für Reinräume und Anlagen dem externen Personal zu überantworten.

Was bleibt…

Die Durchführung der Reinigung von Reinräumen in Herstellungsbereichen von Arzneimitteln ist beim Auslagern dieses Prozesses Vertrauenssache. Dieser kritische und integrale Prozess- Schritt im Produktionsablauf kann in seiner Durchführung nur selten vollkommen kontrolliert werden. Zusätzlich erhalten betriebsfremde Personen unter anderem tiefe Einblicke in die eigenen Produktionsprozesse, was natürlich ein gewichtiger Faktor für eine sorgfältige Auswahl eines Kooperationspartners ist. Somit gilt es in diesem Spannungsfeld in einer GMP-regulierten Umgebung, das Gleichgewicht zwischen Vertrauen und "dokumentierter Beweisführung" zu finden, wobei auch hier eine Risikoevaluierung gemäß Qualitätsrisikomanagement und, zukünftig, Kontaminationskontrollstrategie jedenfalls Anwendung finden sollte.

 

Über den Autor:
Robert G. Schwarz
... ist Dozent am FH Campus in Wien. Er hat 20 Jahre praktische Erfahrung in der aseptischen Verarbeitung, Kontaminationskontrolle und Reinraumtechnik.

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