Remote Audits - eine neue Entwicklung

    

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Eine der Aufgaben, die gemäß den GMP-Regularien, aber auch im Rahmen der Geschäftskontinuität für Zulassungs-Inhaber, Hersteller und Auftraggeber im Rahmen einer Auftragsvergabe erforderlich sind, besteht darin, Lieferanten und Vertragspartner zu qualifizieren. Ein wichtiger Teil eines solchen Qualifizierungsprozesses ist die Durchführung von Vor-Ort-Audits. Aufgrund von Epidemien oder Pandemien kann ein Besuch vor Ort ein potenzielles Risiko für alle Beteiligten darstellen oder ist aufgrund von Reiseverboten eventuell gar nicht möglich.

Bis heute haben fast alle durchgeführten Audits vor Ort stattgefunden. Von Zeit zu Zeit verwenden die Auditoren Fragebögen und Checklisten. Aber diese sind mehr oder weniger eine Ergänzung für den gesamten Qualifizierungsprozess. Die meisten Auditoren sind sich der Tatsache bewusst, dass der Nutzen im Vergleich zu einem Vor-Ort-Audit begrenzt ist. Die Rückmeldungen auf den Fragebögen sollten später im Rahmen des Audits immer bestätigt werden.

Der große Vorteil von Audits vor Ort ist die Möglichkeit von Besichtigungen von Produktionsstätten, Lagern und Laboren. Es wird aber auch viel Zeit damit verbracht, mit Experten zu sprechen, Erklärungen anzuhören und Dokumente zu überprüfen. Dies könnte auch in einem Remote-Audit erfolgen. Ein solches Audit kann über verschiedene Kommunikationskanäle wie Videoanrufe oder andere geeignete verfügbare Mittel durchgeführt werden.

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Was sagen die Aufsichtsbehörden?

Als die GMP-Vorgaben und Vorschriften geschrieben und eingeführt wurden, hatte niemand an eine Pandemie oder ähnliches gedacht. Einige der Vorgaben zur Durchführung von Audits vor Ort sind eindeutig, zum Beispiel:

Artikel 46(f) EU-Richtline 2001/83/EC
"the holder of the manufacturing authorisation shall verify compliance by the manufacturer and distributors of active substances with good manufacturing practice and good distribution practices by conducting audits at the manufacturing and distribution sites…"

EU-GMP Guidelines Chapter 5 (Produktion): 5.29
 "Es sollten Audits bei den Herstellern und Vertreibern der Wirkstoffe durchgeführt werden, um zu bestätigen, dass sie mit den relevanten Anforderungen der Guten Herstellungspraxis und der Guten Vertriebspraxis entsprechen.(…) Die Audits sollten von angemessener Dauer und in angemessenem Umfang erfolgen, um sicher zu stellen, dass eine vollständige und klare GMP-Bewertung gemacht wird; (…).

EU-GMP Leitfaden Anhang 16 (Zertifizierung durch eine sachkundige Person und Chargenfreigabe): 
1.7.3 "Alle Audits von Betriebsstätten, die an der Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln sowie der Herstellung des Wirkstoffs beteiligt sind, wurden durchgeführt, und die Auditberichte stehen der für die Zertifizierung zuständigen sachkundigen Person zur Verfügung." 

Gänzlich ignoriert wurde die Möglichkeit eines Remote-Audits aber nicht. Im Juli 2016 wurden die GMP- und GDP-relevanten Fragen und Antworten auf der Website der EMA um eine Frage zu einem möglichen "remote assessment", basierend z.B. auf Fragebögen, Dokumentenprüfung, Qualitätshistorie und Analysenergebnissen ergänzt. In der Antwort heißt es wörtlich: 

"The EEA inspectorates are not generally in favour of 'paperbased audits' per se as they do not provide the same level of assurance as on-site assessments, but do accept that they have a part to play in a risk-based strategy. They may be particularly applicable when recent positive inspection information is available and where satisfactory audits have been concluded in the past. They cannot replace on-site audits of active-substance suppliers but can be a useful interim and temporary measure within the manufacturer's audit programme." 

Man sieht schon, ein Remote-Audit, wie wir es seit neustem verstehen, also mit direkter Video- und Audiokommunikation, war hier nicht gemeint. Dann finden wir noch etwas in der "Compilation of Community Procedures on Inspections and Exchange of Information". Hier gibt es einen Anhang mit einem "Scheme for Distant Assessment of Manufacturing Sites". Auf den Seiten 54/55 werden Kriterien zu für solch ein "Distant Assessment" gelistet. Aber auch hier steht die Überprüfung nicht in direktem Zusammenhang mit der Durchführung eines virtuellen Audits. 

Noch vor der Krise und den damit verbundenen Reiseverboten hat die PIC/S begonnen, eine Leitlinie1 zu entwickeln, um den zuständigen Behörden dabei zu helfen, Ressourcen für GMP-Inspektionen zu priorisieren. Das Dokument erläutert auch einen möglichen Prozess für sog. Desktop-Bewertungen der GMP-Konformität von Einrichtungen in anderen Ländern. 

Zwar haben die FDA und andere Inspektorate die meisten Vor-Ort-Inspektionen für die Dauer des Ausbruchs von Covid-19 abgesagt, aber dennoch haben viele damit begonnen, Inspektionen für bestimmte Firmen aus der Ferne durchzuführen. 

Durchführung eines Remote Audits

Wie könnte also ein solches Remote-Audit durchgeführt werden? Wie bei einem "normalen" Audit müssen Unternehmen dem Auditor vertrauen, dass ihre Rechte an geistigem Eigentum gewahrt bleiben. Dies ist einer der Gründe, warum es den Auditoren bislang oft nicht erlaubt war, bereits vor einem Audit Dokumente zu überprüfen. Bei einem Remote-Audit müssen die Auditoren aber Dokumente vorab erhalten oder zumindest Zugang haben. Hier könnte ein elektronischer Lesezugriff eine Option sein. Wichtig ist auf jeden Fall eine vorab getroff ene vertragliche Regelung. 

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Während des Audits können Diskussionen durch Präsentationen über virtuelle Sitzungen erleichtert werden. Diese Besprechungen beinhalten Interviews und umfassen mit Ausnahme von Rundgängen den gleichen Inhalt wie bei Vor-Ort-Audits. Der Überprüfung der Dokumente wird viel Zeit gewidmet. Die Agenda des Audits sollte Eröffnungs- und Schlussbesprechungen beinhalten und genügend Zeit für Diskussionen und Interviews mit Fachexperten aus allen Bereichen vorsehen. Vielleicht ist es sogar möglich, virtuelle Besichtigungen einer Einrichtung durchzuführen, um sich einen kurzen Überblick zu verschaffen. 

Wie bei jedem anderen Audit sollte der Auditor bei einem Remote- Audit gut vorbereitet sein, geeignete Fragen stellen, die Antworten anhören, objektive Belege (Fakten) zur Bestätigung der Antworten erhalten, Notizen machen und die Ergebnisse festhalten. 

Kommunikationsfähigkeit und Fragetechniken sind von größter Bedeutung. Der Auditor muss verstehen, was tatsächlich geschieht, und darf nicht nur vermuten, was geschieht. Deshalb muss der Auditor durch das Audit führen und bestimmen, was er sehen möchte, und sich nicht nur auf das konzentrieren, was ihm präsentiert wird. 

Es ist empfehlenswert, dass jedes Unternehmen die durchgeführte Risikobewertung und das mit einem Remote-Audit erzielte Ergebnis genau dokumentiert. Dies sollte auch Pläne einschließen, was zu tun ist, wenn Beschränkungen aufgehoben werden, um sicherzustellen, dass die Audits vor Ort rechtzeitig wieder aufgenommen werden. 

 

Autor: 
Wolfgang Schmitt 
... wechselte 2006 zu CONCEPT HEIDELBERG und ist seither Fachbereichsleiter für die Themen Qualitätssicherung und GMP. 

 

Fußnoten:

1 https://www.gmp-compliance.org/gmp-news/more-desktop-assessments-less-inspections

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