Merck Pharma Forum: Aktuelles rund um Rohstoffe

    

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Mittlerweile zum 8. Mal durchgeführt, hat sich das Merck Pharma Forum im Atrium bei Merck in Darmstadt als jährlicher Treff punkt aller etabliert, die an der Entwicklung, Herstellung und Verwendung von Pharma- Rohstoff en mitwirken.

Auf der Agenda des Forums Mitte Mai dieses Jahres standen wieder fünf hochaktuelle Themen: High Potency und Atypical APIs, Material Lifecycle Management, Anforderungen an tierische Materialien sowie QbD-Anforderungen an Rohstoff e aus Sicht des Verwenders.

Atypical APIs und die Verantwortlichkeiten der QP

Einleitend sprach Dr. Bernd Renger (Immediate Past Chair der European QP Association) zum Thema "Atypical Actives", insbesondere zur Verantwortlichkeit der Sachkundigen Person und den spezifischen regulatorischen Anforderungen. Nach seiner Erklärung ist der Begriff "Atypical Actives" nicht im EU GMP-Leitfaden definiert. Dabei handelt es sich um Wirkstoff e (z.T. ohne pharmakologische Wirkung, bzw. mit einem anderen Wirkprinzip), die für Anwendungsbereiche wie z.B. Lebensmittel oder Kosmetika entwickelt wurden. Diese Stoff e sind z.T. seit Jahren im Einsatz und müssen nun die Kriterien nach EU GMP-Leitfaden Teil 2 erfüllen. Das bedeutet konkret, dass die Herstellung nach GMP und der Vertrieb nach GDP zu erfolgen hat. Damit stellen sich auch Fragen wie: Wer ist für die Sicherstellung der Anforderungen verantwortlich? Wer muss sich kümmern?

Die Themen Lieferantenqualifizierung, Risikobewertung und QP-Declaration seien hierbei von besonderer Bedeutung, so Dr. Renger. Grundsätzlich gebe es keine Ausnahmeregelung für Stoff e, die üblicherweise nicht als Wirkstoff e in Arzneimitteln eingesetzt werden. Allerdings wird sowohl im Template zur QP-Declaration als auch in einem EMA Questions & Answers Dokument eingeräumt, dass es unter bestimmten Bedingungen vorkommen kann, dass weder ein Audit möglich ist, noch die Anforderungen nach EU GMP Teil 2 voll erfüllt werden können. Eine sorgfältig durchgeführte und dokumentierte Risikobewertung ermöglicht der QP jedoch in solchen Ausnahmefällen die Declaration zu unterschreiben - auch wenn kein Audit vor Ort möglich sein sollte. Die Risikobewertung könnte, so Renger, in einem solchen Fall analog zu der Bewertung zur Bestimmung der "appropriate GMP" für Excipients erfolgen. Die finale Verantwortung trägt aber die QP persönlich mit Ihrer Unterschrift auf der QP-Declaration.

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Bei tierischen Materialien, die zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden, gibt es zwei Ebenen der Regulierung. Dies sind, laut Dr. Tobias Hertzig von Merck, zum einen der Schutz des Patienten vor übertragbaren schädlichen Erregern beim Einsatz der Stoff e in Arzneimitteln. Zum anderen die Anforderungen des Handels mit diesen Stoff en (Einfuhr/Ausfuhr). Wirkstoff e tierischen Ursprungs bedürfen zur Einfuhr nach Deutschland der Erlaubnis der zuständigen Behörde, erläuterte er. Nach §72a, AMG, ist diese im Herstellungsland auszustellen. Er betonte, dass es bei der Herstellung in Bezug auf die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit unterschiedliche Erwartungen der verschiedenen Länder (USA, Japan, EU) z.B. in Bezug auf Viral Safety (Ph. Eur. 5.1.7) gebe. Zudem sei auch nicht ganz klar festgelegt, ab welchem Schritt GMP-Anforderungen zu erfüllen seien. Was ist das Starting Material? Hertzig fasste in seinem Beitrag zusammen, dass die Abgrenzung tierisch/nicht tierisch häufig nicht einfach bzw. eindeutig zu treffen sei und es oft unspezifische/ unterschiedliche Regulierungen insbesondere bei der Einfuhr dieser Stoffe gebe. Er unterstrich, dass man diese Anforderungen gleich zu Beginn der Prozesse anschauen sollte, nicht erst am Ende, wenn die Materialien beim Zoll liegen.

Fallstudie zu High Potency APIs (HPAPIs)

Anhand einer Fallstudie zu Antibody Drug Conjugates (ADCs) erklärte Debra Henrich (MilliporeSigma, Madison, USA), wie man die regulatorischen Anforderungen in Bezug auf den Einsatz und die Verarbeitung von High Potency APIs (HPAPIs) risikobasiert in der Praxis umsetzen kann (Henrich: ADCs: new business, new market, new opportunities, but challenges!). Den Schwerpunkt ihres Vortrags setzte sie dabei auf den Einsatz von QbD-Elementen in der Entwicklung (ICH Q8, Q9, Q10) und berücksichtigte die besonderen Herausforderungen im Hinblick auf einen Lohnhersteller (CMO). Henrich wies darauf hin, dass der CMO alle Materialien, die zur Herstellung des Produkts verwendet werden, in die QbD-Betrachtung einbeziehen muss. Dies umfasst u.a. auch Verunreinigungen, Abbau- und Nebenprodukte. Zudem müssen alle Packmittel geeignet und umfassend charakterisiert sein. Dies sollte auch im Hinblick auf das Product Life Cycle Management erfolgen. Im Weiteren ging sie auf die speziellen Themen "Containment" und "Cleaning" ein, und im Besonderen auf "Control of carry over" und "Cross Contamination". Sie hob hervor, dass in frühen Entwicklungsphasen entsprechende Daten dazu häufig nicht verfügbar sind. Der Einsatz von "Dedicated Glassware", insbesondere für kleinere Chargengrößen, reduziert das Risiko für Kontamination und verbessert die Argumentation mit Behörden. Wenn dies nicht möglich ist, helfen "robust cleaning" und valide analytische Methoden, so Henrich.

Laut Henrich sollten CMOs im immer komplexeren pharmazeutischen Markt über sechs Tools im Life Cycle verfügen:

  • Scientific and risk-based strategies,
  • Quality and compliance,
  • Efficient and effective solutions,
  • Collaborative relationship with the customer,
  • Culture of quality and operational excellence,
  • Continuous improvement.

Zusammenfassend sagte Henrich, dass es von Vorteil ist, frühzeitig Behörden einzubeziehen und gemeinsam über die Risk Approaches zu sprechen.

Material Life Cycle Management von Ausgangs-, Wirk- und Hilfsstoffen sowie Packmaterialien

Das Thema Material Life Cycle Management von Ausgangs-, Wirk- und Hilfsstoffen sowie Packmaterialien spielt eine immer größere Rolle im Hinblick auf weltweite Märkte. Oliver Küttner von Shire in Wien betonte in diesem Zusammenhang die Partnerschaft zwischen Hersteller und Lieferant als zentrale Basis. Der Lieferant sollte den Pharmazeuten verstehen und bei Änderungen informieren. Bei Abweichungen sollte ein Besuch beim Lieferanten vor Ort möglich sein. Besonderes Augenmerk liegt auf den Material-Spezifikationen als Grundlage der Qualität, Teil der Qualitätsvereinbarung und Grundlage bei Reklamationsfällen. Das Herz der Spezifikation sind laut Küttner die festgelegten Akzeptanzkriterien zu den jeweiligen Qualitäts- Parametern inklusive Tests. Er ging auch auf Stichprobenprüfungen ein und empfahl drei Lieferantenchargen voll zu prüfen und dann auf eine Zertifikatsprüfung zu wechseln. In regelmäßigem Zyklus (Empfehlung: einmal jährlich) sollte eine Vollprüfung durchgeführt werden. Zudem stehen Packmittel immer mehr im Fokus der Aufmerksamkeit der Behörden. Hier sind bei der Beurteilung der Qualität die Fehlerbewertungslisten die wichtigste Grundlage. Küttners abschließende Empfehlung: Ware von bestehenden Lieferanten zu beziehen - bei ihnen ist der Grad an GMP und die gelieferte Leistung bekannt.

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Zum Abschluss konzentrierte sich Dr. Hiltrud Horn (HORN Pharmaceutical Consulting) in ihrem Beitrag auf die Erwartung an Wirk- und Hilfsstoffhersteller in Bezug auf QbD-Aspekte. Sie informierte dabei u.a. über das revidierte Kapitel 5.15. "Functionality-related characteristics of excipients" des Europäischen Arzneibuchs (Ph.Eur.), welches mit Ausgabe 9.2 zum 1. Juli 2017 gültig wurde. Ebenso wie das USP Kapitel <1059> "Excipient Performance" enthält die umfassende Überarbeitung zur Angleichung an die ICH Q8 Guideline "Pharmaceutical Development" nun Bezüge zu Schlüsselkonzepten von Quality by Design (QbD). Dies umfasst beispielsweise die Festlegung von QTPPs, CPPs und CQAs (Quality Target Product Profiles, Critical Process Parameter, Critical Quality Attributes). Weitere Kernbestandteile einer QbD-Entwicklung sind Risk-Assessment, DoE (Design of Experiments), die Definition eines (API/Excipient) Design Spaces (DS) anhand von Grenzwertmustern sowie die Festlegung einer Kontrollstrategie. Die Benefits von QbD-Entwicklungen liegen laut Horn in einem höheren Prozessverständnis, weniger Chargenabweichungen und mehr Flexibilität (=> schnelleres Change Control). Nachteile sind ggf. mehr interne Meetings, potentiell mehr Inspektionen und mehr Fragen im Review Prozess. Daraus folgt u.a. evtl. eine längere Zeit bis zur Markteinführung. Im Weiteren ging Frau Horn auf GMP für Hilfsstoffe ein (anwendbar seit März 2016). Was bedeutet in diesem Zusammenhang "Appropriate GMP"? Der Zulassungsinhaber (Marketing Authorization Holder, MAH) legt laut Horn anhand eines Risk Assessments fest, was "appropriate" ist. In der Risikobetrachtung werden u.a. Fragen wie "In welcher Weise beeinflusst der Hilfsstoff mein Arzneimittel?" betrachtet. Beachtet werden sollte hierbei auch, dass die Anforderungen in der EU und den USA hinsichtlich der Hilfsstoffe nicht immer gleich sind (Beispiel Farbstoffe). "Welchen Einfluss hat es auf mein Arzneimittel, wenn sich der Hilfsstoff-Lieferant ändert?" Frau Horn wies darauf hin, dass die regulatorischen Anforderungen bei Änderungen an Hilfsstoffen in den verschiedenen Ländern unterschiedlich sind und dabei auch zu beachten ist, wie viele Details eingereicht sind. Darüber hinaus wurde über die Problematik bei der Definition der Starting Materials gesprochen, welche im ICH Q11 Question and Answer Dokument weiter präzisiert wurde und entsprechende Hilfestellungen bei der Bewertung geben sollte. Es ist wichtig, dass Antragsteller das Starting Material für Wirkstoffe richtig definieren, da dies der Startpunkt für die GMP-konforme Herstellung bedeutet. Ihr Fazit: QbD ist kein Muss. Im Hinblick auf die neue ICH Q12 Guideline "Life Cycle Management", deren Entwurfspapier Ende 2017/Anfang 2018 erwartet wird, könnten sich aber dadurch Chancen im Hinblick auf ein besseres globales Management von Produktänderungen bieten.

In vier anschließenden Werkstouren, u.a. mit Besichtigung der Produktion fester Arzneiformen und der Arzneiformen- Entwicklung, konnten sich die Teilnehmer ein Bild von den Anlagen bei Merck und der Firmen- Historie machen.

Ziel des Merck Pharma Forum ist u.a., im Bereich Pharma- Rohstoffe praktische Umsetzungswege für die Anforderungen nahezubringen und zu diskutieren. Und auch beim 8. Merck Pharma Forum profitierten die über 100 Teilnehmer wieder von den vorgestellten unterschiedlichen Perspektiven und den präsentierten Lösungsansätzen.

 

Autorin:
Dr. Andrea Kühn-Hebecker
... ist seit 2015 bei CONCEPT HEIDELBERG und als Fachbereichsleiterinverantwortlich für die Themen Packaging, Entwicklung und Life Cycle Management.

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