Konferenz-Bericht zum ECA Qualification and Validation Forum, 15./16. November 2022 in Heidelberg

    

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Nachdem in 2021 die Version 2.1 des ECA Good Practice Guide "Qualification and Validation - A guide to effective qualification based on Customer - Supplier Partnership" veröffentlicht wurde, stand nun die neue Version 2.2 an. Diese wurde auf dem Forum erstmalig vorgestellt.

Autoren und Anwender des Guides erläuterten auf dem Forum gegenüber 39 Teilnehmenden aus 12 unterschiedlichen Ländern dessen Inhalt und Möglichkeiten der Anwendung. Zu Beginn der Veranstaltung gab der aktuelle Leiter der ECA Validierungsgruppe, Ralf Gengenbach, einen Überblick über den Guide und erwähnte die Veränderungen zur Version 2.1 aus dem vorletzten Jahr.

Ziel des Guides ist es, hinsichtlich einer "schlanken Qualifizierung" praktische Lösungen zu skizzieren, Fallstudien einzubinden und Musterbeispiele zu beschreiben. Der Guide verknüpft die Vorgaben aus dem Annex 15 zum EU GMP Leitfaden mit der FDA Process Validation Guidance und dem Ansatz der ASTM-Leitlinie 2500. Mit diesem Ansatz können die häufigsten Probleme bei Geräte-Qualifizierungen angegangen werden, s. Abbildung 1.

Abbildung 1: Herausforderungen bei einer Geräte-Qualifizierung

Abschließend zeigte Ralf Gengenbach noch, dass der ECA Guide gut in Einklang zum ISPE Guide "Commissioning and Qualification" 2nd edition (2019) steht. Die ISPE stellt den Prozessfluss in den Mittelpunkt, der ECA Guide fokussiert auf die unterschiedlichen Parteien und deren Aufgaben, die bei der Geräte-Qualifizierung mit eingebunden sind.

Im Folgenden referierte mit Dr. Rainer Gnibl, Regierung von Oberbayern, ein europäischer GMP-Inspektor. Dr. Gnibl wies ausdrücklich auf die Flexibilität hin, die der Annex 15 ermöglicht. Insbesondere in Bezug auf FAT und SAT können viele dieser Tests in die Qualifizierung übernommen werden, ohne nochmals explizit wiederholt werden zu müssen - wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das heißt, eine entsprechende Dokumentation und ein wissenschaftsbasierter Ansatz als Rationale vorhanden sind, s. Abbildung 2.

Abbildung 2: Single performance of tests, check, reviews…

Auch einer Kategorisierung der Ausrüstung zur Erleichterung der Qualifizierungsaktivitäten steht Rainer Gnibl positiv gegenüber. Aber zu diesem Punkt folgte später noch ein gesonderter Vortrag.

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Ralf Gengenbach griff das Thema Good Engineering Practice dann nochmals auf und vertiefte es. Ralf Gengenbach sieht die großen Vorteile von GEP in den klar festgelegten "Milestones" und dem klar definierten Workflow. Beides führt zu strukturierten Projekt-Plänen. Anhand von Praxisbeispielen zeigte er dann mögliche Umsetzungen der wichtigsten GEP Dokumente:

• Prozessdokumente
• Ingenieursdokumente
• Management-Vorgaben
• Inbetriebnahme-Dokumente

Intensiv diskutiert wurde ein Vortrag von Dr. Clemens Borkenstein, ZETA GmbH und Rolf Bauer, Syntegon Technology GmbH, zum Thema Remote Testing. Die beiden Referenten, Clemens Borkenstein leitet die Untergruppe Remote Testing der ECA Validierungsgruppe und Rolf Bauer ist Mitglied dieser Untergruppe, stellten heraus, dass der ECA Guide der erste Guide ist, der das Remote-Thema bei der Geräte-Qualifizierung aufgreift. Sehr ausführlich stellten sie dann eine Checkliste vor, worauf man vor, während und nach einem Remote-Test achten sollte. In Praxisbeispielen zeigten sie dann, auch mit Video-Animationen, wie bei ZETA und Syntegon Remote-Tests durchgeführt werden. Der Vortrag mündete in Vor- und Nachteile von Remote-Tests, s. Abbildungen 3 und 4. Zu beiden Fällen kamen dann auch Beispiele aus dem Auditorium. Einmal ging ein Remote- Testing "völlig in die Hose", weil einfach die Rahmenbedingungen nicht stimmten. Im anderen Fall lief das Testen problemlos, eben aufgrund guter Vorbereitungen und bedingt durch verschiedene Kamerapositionen.

Abbildung 3: Pros (for Live stream FAT)

Zum Tagesabschluss griff Jörg Zimmermann von der Vetter Pharma-Fertigung GmbH & Co KG und Immediate Past Chair of the International Board of Directors of ISPE die Aussage von Ralf Gengenbach zur Vereinbarkeit des ECA mit dem ISPE Guide auf und sprach über die aktuelle Version des ISPE "Commissioning and Qualification" Guides. Er stellte die Vorteile der Revision 2 vor:

Abbildung 4: Cons (for Live stream FAT)

  • Defintion von Benutzeranforderungen einschließlich "fitness for use" und Differenzierung zwischen Anforderungen (Was) und Spezifikationen (Wie).
  • Trennung zwischen Einfluss auf die Produktqualität und keinem Einfluss auf die Produktqualität
  • Risikobetrachtungen zur Identifizierung von Critical Design Elements (CDE's)
  • Einen optimierten Design Review/Design Qualification Prozess mit dem Fokus auf CDE's
  • Einen klaren Commissioning and Qualification (C&Q) Planungs- Prozess einschließlich einer Dokumente-Freigabe- Matrix
  • Eine schlanke Struktur zur Testsdurchführung, einschließlich Unterschieden zwischen Engineering und Qualitätsaspekten unter Angabe von Minimalanforderungen an das Testen
  • Die Tracebility-Matrix als Projektmanagement-Tool
  • Einen schlanken, risiko-basierten Ansatz des "periodischen Reviews"
  • Einbindung von Lieferantentests mit wenigen Test-Wiederholungen
  • Unterschiede im Engineering change management zum Routine change control
  • Aktuelle/einfache Beispiele für alle Schritte im Commissioning and Qualification Prozess

Unter Einbeziehung von Qualitätsrisikomanagement (QRM) führt das Vorgehen zu einem schnelleren Marktzugang, wie Jörg Zimmermann als Ergebnis aus Praxiserfahrungen bei Vetter berichtete (Abbildung 5).

Abbildung 5: Traditional vs QRM Approach

 

Damit endete der erste Konferenz-Tag.

Tag zwei begann mit einem Vortrag von Maik Guttzeit von der Bayer AG. Er leitet die Untergruppe zum Thema Kategorisierung in der ECA Validation Group. An zwei Beispielen, einer Waage und einem Gefriertrockner, zeigte er die Schwierigkeiten auf, die vermeintlich einfache Geräte bei einer Kategorisierung zeigen könnten. Sein erstes Fazit war: Es gibt keine einfachen und klaren Antworten auf eine Kategorisierung. Er stellte dann ein dreistufiges Kategorisierungsmodell vor, mit der Einteilung in:

  • Non-critical
  • Low-critical
  • Critical

und untermauerte diese Kategorien mit Beispielen hinsichtlich Qualifizierungsaktivitäten. Maik Guttzeit zeigte dann für Gerätschaften, die "von der Stange" ("commercial off the shelf", COTS) kommen Vereinfachungen bzgl. DQ und IQ. Abschließend gab er einen Ausblick in die Weiterentwicklung des Annex 9 des ECA Good Practice Guides, das sich mit Kategorisierung beschäftigt. Geplant sind, verschiedene Ansätze einer Kategorisierung vorzustellen:

Abbildung 6: Categorisation – Matrix Approach

• Einen Matrix-Ansatz mit einem Ampelsystem (rot, gelb, grün), s. Abbildung 6
• Einen Entscheidungsbaum-Ansatz
• Einen tabellarischen Ansatz

Sein Schluss-Fazit war: Kategorisierung kann helfen Qualifizierungs- Aufwand zu reduzieren - sollte aber niemals die Qualität reduzieren.

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Holger Frey von Merck in Darmstadt zeigte anschließend eine Fallstudie zur Einbindung von Lieferanten in ein Qualifizierungsprojekt. Es ging um den Ersatz einer optischen Kontroll-Linie für Vials mit integrierter Dichtigkeitsprüfung. Das Projekt umfasste ein Volumen von über 3 Millionen Euro und war für einen Zeitraum von 2 Jahren geplant. Sehr intensiv wurde auch Dokumentation vom Lieferanten mit eingebunden und zwar bei:

  • FMEA
  • Pre-FAT und FAT I und II
  • IQ, OQ

De facto ging die Einbindung des Lieferanten aber schon mit dem Pflichtenheft los, s. Abbildung 7.

Abbildung 7: Qualification Project – procedure qualification project

Interessanterweise waren Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsaspekte (EHS) mit in die Benutzeranforderungen integriert worden, allerdings als nicht-GMP-relevant. Somit waren sie auch nicht testrelevant in der Qualifizierung. Insbesondere bei zeitkritischen Projektphasen wurden die FAT-Tests in die Qualifizierung integriert, um Doppeltestungen zu vermeiden. Das Vorgehen erfolgte entsprechend einer SOP und war mit der Qualitätssicherung abgestimmt, s. Abbildung 8.

Abbildung 8: Qualification Project - qualification steps

Igor Krasula von Valicare, Mitglied in der Untergruppe "elektronische Dokumentation" der ECA Validation Group, stellte dann im Hinblick auf das revidierte Kapitel zur elektronischen Dokumentation dessen Inhalt vor und gab noch weitergehende Tipps im Umgang mit elektronischen Dokumentationssystemen im Rahmen von Qualifizierungen und Validierungen. Auch dieses Thema stieß auf großes Interesse. Als Vorteile einer elektronischen Dokumentation nannte er u. a.

  • Bessere Lesbarkeit von Berichten und einfachere Übersetzungsmöglichkeiten, sofern erforderlich
  • Verbesserte Datenintegrität
  • Einfacheres Teilen von Dokumenten (z. B. um Freigaben zu erhalten)
  • Schnelleres Dokumentieren und konsistentere Begriffe (bei Nutzung von Standardbegriffen)
  • Elektronische Freigaben (z. B. über elektronische Signaturen)
  • Direkte Einbindung von Testdaten (von der Ausrüstung selbst, von Kameras, Bedienpanel- Ausdrucke etc)
  • Einfachere und günstigere Archivierung

Er ging dann auf einen "traditionellen Ansatz (Scannen von Papierdokumentation) und einen "fortgeschrittenen Ansatz" ein. Bei diesem "fortgeschrittenen Ansatz" werden Qualifizierungs-/ Validierungs-Dokumente elektronisch erzeugt, die Tests dort eingetragen und das Ganze elektronisch freigegeben, s. Abbildung 9.

Abbildung 9: Advanced Approach

Ganz wichtig war ihm, dass elektronische Systeme die Datenintegritätsaspekte nach den ALCOA+ und ALCOA++-Prinzipien erfüllen. Herr Krasula rechnet mit einer Dauer von 1.5 - 2 Jahren bis solch ein System eingeführt ist und genutzt werden kann. Eine Umfrage im Auditorium zeigte, dass dieser Zeitraum absolut realitätsbezogen ist. Das Highlight war dann aber die Live-Präsentation solch eines Systems. Sehr eindrücklich wurde klar, dass durch entsprechende Programmierung auszufüllender Felder, Fehlerquellen durch Fehleintragungen verhindert werden können.

In eine etwas andere Welt, die Welt des Bauens, entführte dann Axel Heueis, von Drees und Sommer, die Teilnehmer mit dem "3C-Managment". "3C" steht für Construction-Commissioning- Compliance. Es ging um Bauprojekte, in die schon im Rahmen von Planung und Bau (Construction) und dann in der technischen Prüfung (Commissioning) GMP-Anforderungen rechtzeitig von Anfang an mit eingebunden sind (Compliance). Herr Heueis stellte die rhetorische Frage, wann denn mit GMP in einem Bauprojekt begonnen werden sollte? Seine Antwort war ganz einfach: in dem Moment, in dem das Projekt beginnt! Er stellte dann ein sehr eindrückliches Beispiel hinsichtlich Hohlkehlen im Rahmen des Baus eines Reinraumes vor, die über Pharma-Terrazzo über die Wand anschließend realisiert wurden. Allerdings ging dadurch die Möglichkeit, Reinraumwände flexibel zu positionieren, verloren. Um solche Abstimmungsfragen frühzeitig zu klären, ist ein entsprechendes Projektmanagement nötig, mit den entsprechenden (GMP-)Schnittstellen, s. Abbildung 10.

Abbildung 10: GMP Documents Interfaces and Responsibilities

Abschließend stellte noch einmal Ralf Gengenbach, die seiner Meinung nach sechs wichtigsten Fehler in einer Geräte-Qualifizierung vor:

1. GMP and GEP Aktivitäten sind nicht gut miteinander kombiniert
2. Benutzeranforderungen werden mit technischen Spezifikation vermischt
3. Risikobetrachtungen werden nicht effizient genutzt
4. Einbindung von Lieferanten ist nicht gut gelöst
5. FAT, SAT werden nicht in ausreichendem Umfang genutzt
6. GEP ist nicht gut etabliert

Bei der Erläuterung von Punkt 6 stellte er das Testen der Qualifizierung gegenüber. In seinem Sinne bedeutet das, dass Qualifizierung kein Testen ist. Die Qualifizierung ist nur die Überprüfung der Tests. Testet man im Rahmen der Qualifizierung kann das dazu führen, dass technische Defekte dann in der Qualifizierung korrigiert werden müssen. Dies führt dann wiederum zu erhöhten Kosten, s. Abbildung 11.

 

Abbildung 11: Missing GEP increases the costs and time delay

Fazit: Der neue ECA Good Practice Guide "Qualification and Validation - A guide to effective qualification based on Customer - Supplier Partnership" wurde in der neuen Version 2.2 sehr gut angenommen. Viele Diskussionen, auch beim Social Event in der Heidelberger Altstadt, zeigten die Vorteile einer Präsenzveranstaltung. Ein Verbesserungswunsch war, den Guide auch in einer einfachen Ausgabe, für (noch) weniger erfahrene Lieferanten im GMP-Umfeld zugänglich zu machen. Daran wird die ECA Validierungs-Gruppe weiter arbeiten.

Der Guide ist für Mitglieder der Validierungsgruppe kostenlos erhältlich, s. www.validation-group.org.

 

 

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