Konferenz-Bericht zum ECA GMP & GDP-Forum, 20. - 22. Juni 2023 in Barcelona - Tag 3 (GDP-Teil)

    

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Das zweite GMP & GDP Forum vom 20. bis 22. Juni 2023 fand als Vor-Ort-Veranstaltung statt. Dies bot die Gelegenheit, sich persönlich mit den anderen Teilnehmenden und den Referentinnen und Referenten auszutauschen und mehr über die aktuellen Herausforderungen der pharmazeutischen Lieferkette zu erfahren.

Tag 1 der Veranstaltung war dem Themenbereich GMP gewidmet, Tag 2 war eine Kombination aus GMP und GDP, und der letzte Tag konzentrierte sich nur auf GDP-Themen. Eine Zusammenfassung der beiden ersten Tage finden Sie im vorhergehenden Artikel.

Der dritte Tag begann mit einem Vortrag von Alfred Hunt, der neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Berater (Hunt Pharma Solutions Ltd, UK) auch Chairman der European GDP Association1 ist. Unter dem Titel "GDP Update & Outlook" gab er einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen rund um die gute Vertriebspraxis und über aktuelle Trends, sowohl in Europa als auch in den USA.

Neben dem Thema GDP für Tierarzneimittel, das ausführlich in dem darauffolgenden Betrag durch Herrn Dr. Kahlich behandelt wurde, adressierte Herr Hunt folgende Themenbereiche

  • Die Verlängerung von GDP-Zertifikaten vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie,
  • Lieferengpässe bei Arzneimitteln,
  • die Nachwirkungen des Brexits,
  • die Integration von EudraGMDP in den Organisationsmanagementdienst (OMS) der EMA,
  • neue Dokumente des Pharmaceutical Inspection Co-operation Scheme (PIC/S): Aide-Memoire zu GDP-Inspektionen (PI 044-1) und ein Q&A-Dokument (PS/INF 22/2017).
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Zum Abschluss seines Vortrags ging er auf den neuen Annex 21 zum Import von Arzneimitteln ein. Er erläuterte in diesem Zusammenhang, dass sich der Annex 21 zwar nur auf die physische Einfuhr der Produkte bezieht, aber dennoch auch die Kenntnis der finanziellen Lieferkette notwendig sei.

Der zweite Beitrag war dem Thema GDP für Tierarzneimittel gewidmet. Mit der Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel, die seit dem 28. Januar 2022 gilt, hat die Europäische Union das Tierarzneimittelrecht neugestaltet. Konkrete Vorgaben für Tierarzneimittel ergeben sich aus der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1248 vom Juli 20212 und für GDP für Wirkstoffe von Tierarzneimitteln aus der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1280 vom August 20213.

Dr. Rainer Kahlich, der als Inspektor bei der Leitstelle Arzneimittelüberwachung Baden-Württemberg am Regierungspräsidium Tübingen tätig ist, gab zunächst einen Überblick über den rechtlichen Rahmen und erläuterte auch den Hintergrund und den Sinn und Zweck der neuen Verordnungen.

Nachdem er allgemein auf wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Vorgaben für GDP für Tierarzneimittel bzw. für Humanarzneimittel eingegangen war, beleuchtete er ausgewählte Aspekte im Detail. Hierbei orientierte er sich an der Kapitelstruktur der neuen Verordnungen. Ergänzend wies er auch auf Schnittpunkte mit anderen Regularien, z. B. der ICH Q9 und der WHO Guidances zu Lagerung und Transport hin.

Im Ergebnis kam Herr Dr. Kahlich zu dem Schluss, dass die GDP-Anforderungen für Tier- bzw. Humanarzneimittel im Kern identisch sind. Die aus seiner Sicht besonders wichtigen Aspekte sind:

  • Sicherung der Produktqualität durch geeignete Temperaturbedingungen bei Lagerung und Transport (alle Beteiligten sollten die Anforderungen an ihre Produkte genau kennen und die Lager-/Transportbedingungen nicht nur aus Bequemlichkeitsgründen festlegen).
  • Qualifizierung von Lieferanten als entscheidender und kritischer Schritt für die Integrität der legalen Lieferkette.
  • Sorgfältige Auswahl und Qualifizierung von Transportdienstleistern.

Der sich anschließende Beitrag mit dem Titel "Disruption of the Global Supply Chain: How to still be able to be GDP-compliant" wurde von Peter Flury, der als Head Transportation Management EMEA bei der CSL Behring AG in der Schweiz tätig ist, präsentiert.

Die Logistik im Transportwesen ist zu einer strategischen Schlüsselkomponente geworden, um die rechtzeitige und GDP-konforme Versorgung von Patientinnen und Patienten weltweit zu gewährleisten. Unter der Zwischenüberschrift "The New Normal" wies Herr Flury zunächst vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und globalen politischen Instabilitäten auf die immer schwerer vorhersehbare Verfügbarkeit von Transportmitteln, Ausrüstungen, Transportunternehmen und Kapazitäten sowie auf mögliche Unterbrechung von Handels-/ Lieferwegen "über Nacht" hin.

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Der Hauptteil seines Vortrags beschäftige sich mit Strategien zur Bewältigung und Kontrolle dieser neuen Normalität. U. a. zeigt Herr Flury Kriterien zur Auswahl von Transportdienstleistern auf, mit denen dem in Kapitel 9.1 der EU GDP-Leitlinien geforderten risikobasierten Ansatz zur Planung des Transportes Rechnung getragen werden kann. Außerdem ging er auf den Einsatz von Open Source Intelligent (OSINT) ein. Hierbei werden frei zugängliche Massenmedien (Printmedien, Rundfunk, Fernsehen), das Internet und Web-basierte Anwendungen, wissenschaftliche Publikationen und auch kommerzielle Daten genutzt, um aus deren Analyse verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen.

Anhand mehrerer von Herrn Flury präsentierten Fallstudien konnten die zuvor herausgearbeiteten Aspekte zur Auswahl von Transportdienstleistern und zur Nutzung von OSINT an konkreten Beispielen nachvollzogen werden.

An den Vortrag von Peter Flury schloss sich ein weiterer Beitrag von Alfred Hunt an. Unter der Überschrift "Data Integrity in a Hybrid Working Environment" ging Herr Hunt der Frage nach, wie sichergestellt werden kann, dass eine gute Dokumentationspraxis und die Grundsätze der Datenintegrität auch dann befolgt werden, wenn sich das Personal an entfernten Standorten befindet und validierte elektronische Systeme möglicherweise nicht in Gebrauch sind. Schließlich müssen auch in einer solchen Konstellation Unterschriften eingeholt und Ausdrucke von Dokumenten aufbewahrt werden.

Werden in einem solchen Prozess mehrerer "genehmigte" Kopien desselben Dokuments erstellt, nicht validierte computergestützte Systeme verwendet und ist die Rückverfolgbarkeit der Genehmigung nicht gewährleistet, sind größerer Probleme mit der Datenintegrität zu befürchten. Nachdem Herr Hunt das bekannte ALCOA+ Prinzip in Erinnerung gerufen hatte, zeigte er konkrete Lösungswege zur Einhaltung der Forderungen auf.

Einige "Do's" and "Dont's" sind übersichtlich in der Folie aus seinem Vortrag in Abbildung 1 wiedergegeben.

Abbildung 1

Im Speziellen ging Herr Hunt auf mögliche Probleme beim Scannen von Dokumenten, das Management von gescannten Dokumenten und den dazugehörigen Papieraufzeichnungen, auf "True Copies", elektronische Signaturen und die Nutzung von E-Mails bzw. E-Mail-Konten ein.

Die Kernaspekte fasste er schließlich wie folgt zusammen:

  • Identifizierung von Risiken für die Lesbarkeit der Dokumentation.
  • Sicherstellen, dass die Mitarbeitenden die Anforderungen an die Echtheit der Kopien kennen.
  • Feststellen, wo die Originaldokumente aufbewahrt werden - und ob dies validiert ist.
  • Vorsicht beim erneuten Scannen!
  • Sicherstellen, dass bei Übertragungen und Scans keine Daten verloren gehen.
  • Risikobewertung aller Schnittstellen, an denen Daten anfallen.

Dr. Torsten Schmidt-Bader, Managing Director von movepro- TEC - compliance & innovation advisory beschäftigte sich in seinem Beitrag mit der Validierung computergestützter Systeme unter GDP.

Zunächst zeigte er die regulatorischen Anforderungen und  Erwartungen auf. Hierbei ging er insbesondere auf die Vorgaben  gemäß Kapitel 3.3.1 (Computergestützte Systeme) der EU  GDP-Leitlinien ein und stellte diesen den Vorgaben aus dem  GAMP-Leitfaden gegenüber. Daraus ergaben sich folgende  Schlossfolgerungen:

  • Eine Validierung nach den GAMP-Vorgaben ist zeitaufwendig,  führt zu einer enormen Arbeitsbelastung und  könnte für GDP-Inspektoren als "zu viel" angesehen werden.
  • Die EU GDP-Leitlinien haben einen eher unklaren Ansatz  für Validierungsstudien.
  • Eine "schlanke" Validierung ist möglich, die regulatorische  Akzeptanz kann allerdings variieren. 

Im zweiten Teil des Beitrags zeigte Dr. Schmidt-Bader unter der  Überschrift "Golden rules for IT validation", wie eine "schlanke"  GDP-Validierung angegangen werden kann, nämlich durch die  gut durchdachte Auswahl der CSV-Anforderungen aus den relevanten  Regelwerken. Eine "schlanke" GDP-Validierung ist  also eine praktikable Mischung aus verschiedenen Ansätzen  und die ALCOA+ Prinzipien helfen bei der Festlegung der Ziele,  Akzeptanzkriterien und des Umfang der Validierung.

Dass ein solcher Ansatz gelingen kann, demonstrierte Herr Dr.  Schmidt-Bader sehr anschaulich an einer aktuellen Fallstudie  (Validierung eines neuen Lager- und Warenwirtschaftssystems  bei einem in Deutschland ansässigen Großhändler), bei der er  die einzelnen Schritte im Detail aufzeigte. Die Zeit- und Budgeteinsparung  im Vergleich zu einer vollständigen GAMP-Validierung  lag in diesem Beispiel bei 30-40 %. 

Den Abschluss des dritten Konferenztages und damit auch des  GMP & GDP Forums insgesamt bildete der Beitrag von  Saddam Huq, Director, Cold Chain and Logistics bei GSK, U.K. mit dem Titel "Case study on Thermostability". 
Ausgangspunkt seiner Überlegungen bildete die Definition und  die daraus abgeleitete Anforderung an das sogenannte Stabilitätsbudget  aus dem PDA Technical Report No. 53. Dort heißt  es wörtlich: 

  • "A stability budget considers the results of long term, accelerated,  extreme excursion, and temperature cycling studies  to determine the amount of time out of storage that a drug  product may experience without any significant risk to its  quality."
  • "Firms have used the idea of a stability budget to assign  permissible time out of storage for packaging and labeling  operations for refrigerated drug products for some time." 

Im Rahmen seines Beitrags beleuchtete Herr Huq folgende  Studienarten:

  • Beschleunigte Stabilitätsstudien,
  • Studien zu extremen Temperaturen,
  • Cycling-Studien,
  • Studien zur Langzeitstabilität. 

Das Stabilitätsbudget wurde beispielhaft an einem unter Kühlbedingungen  zu lagerndem Arzneimittel im Detail erläutert. Im  Anschluss daran ging Herr Huq auf das Management von Temperaturabweichungen  ein und zeigte auf, wie die beiden Begriffe  "Excursion" und "Deviation" voneinander abzugrenzen sind.  Den Abschluss seines Vortrags bildeten einige Ausführung zu  Trendanalysen, bei denen er hervorhob, dass diese ein wesentlicher  Bestandteil des Risikomanagementprozesses sein sollten.

Das GMP & GDP Forum findet alle zwei Jahre statt. Das nächste  Forum ist für Juni 2025 geplant. 

 

Über den Autor:
Dr. Markus Funk
... ist seit Oktober 2019 bei CONCEPT HEIDELBERG als Fachbereichsleiter tätig und dort für die Themen GDP und Analytik zuständig.

Fußnoten:
1 Weitere Informationen zur European GDP Association finden Sie unter www.good-distribution-practice-group.org
2 Durchführungsverordnung (EU) 2021/1248 der Kommission vom 29. Juli 2021 über Maßnahmen zur guten Vertriebspraxis für Tierarzneimittel gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates.
3 Durchführungsverordnung (EU) 2021/1280 der Kommission vom 2. August 2021 über Maßnahmen zur guten Vertriebspraxis für Wirkstoffe, die als Ausgangsstoffe für Tierarzneimittel verwendet werden, gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates.

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