ICH Q14 und der Paradigmenwechsel in der pharmazeutischen Analytik

    

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Einführung

Das Inkrafttreten der Leitlinie ICH Q14 im Juni 2024 kennzeichnet einen tiefgreifenden Wechsel in der Entwicklung analytischer Methoden. Zum ersten Mal wurde ein unabhängiger regulatorischer Rahmen für die Entwicklung analytischer Verfahren festgelegt, in den strukturierte, risikobasierte und lebenszyklusorientierte Ansätze eingebettet sind.

Zusammen mit den Leitlinien ICH Q8 ((Pharmaceutical Development (Pharmazeutische Entwicklung)), ICH Q9 (Quality Risk Management (Qualitätsrisikomanagement)) und ICH Q12 (Lifecycle Management (Lebenszyklusmanagement)) legt die Leitlinie ICH Q14 den Grundstein für die Anwendung von Quality by Design (QbD) auf analytische Verfahren und stellt einen Paradigmenwechsel von der traditionellen deterministischen Methodenentwicklung hin zu flexiblen, wissenschaftlich begründeten Systemen dar.

1. Wesentliche Grundsätze der ICH Q14

Mit der Leitlinie ICH Q14 sollen analytische Methoden entwickelt werden, die robust, effizient und innerhalb eines klar umrissenen Bereichs der Methodenentwicklung anpassungsfähig sind. Die wesentlichen Grundsätze umfassen Folgendes:

  • Analytisches Zielprofil (ATP - Analytical Target Profile): Es legt die erforderlichen Leistungsmerkmale der Methode in Bezug auf die Genauigkeit, die Präzision, die Spezifität und auf andere relevante Kriterien fest - ohne dabei den methodischen Ansatz einzuschränken. Es basiert auf seinem pharmazeutischen Zweck.
  • Systematische Methodenentwicklung: Sie basiert auf risikoorientierten Strategien zur Identifizierung kritischer Methodenparameter.
  • Design Space oder Method Operable Design Region (MODR): Eine Kombination von Parameterbereichen analytischer Verfahren, innerhalb derer die Leistungskriterien des analytischen Verfahrens erfüllt werden und die Qualität des gemessenen Ergebnisses gewährleistet wird. Änderungen der MODR machen keine erneute behördliche Zulassung erforderlich.
  • Lebenszyklus-Ansatz: Einbeziehung von Entwicklung, Validierung, Anwendung und Optimierung während des gesamten Lebenszyklus der Methode.
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2. Methodische Umsetzung: Instrumente & Strategien

Die Umsetzung der Leitlinie ICH Q14 stützt sich in großem Umfang auf statistische und digitale Instrumente. Zu den identifizierten wesentlichen Instrumenten zählen die Folgenden:

  • Versuchsplanung (DoE - Design of Experiments): Ein wesentliches Instrument zur systematischen Bewertung zahlreicher Auswirkungen von Parametern und zur Schaffung robuster mathematischer Modelle.
  • Multivariate Statistik & Softwareunterstützung: Softwareprogramme definieren den Design Space und analysieren die Robustheit.
  • Kontrollstrategie & Wissensmanagement: Datengetriebene Kontrollstrategien und die Dokumentation des Methodenwissens sind im Rahmen der Leitlinie ICH Q14 wesentlich.

3. Einbeziehung in den Lebenszyklus der Methode

Die ICH Q14 unterstreicht die Einbeziehung der Entwicklung in den vollständigen Produktlebenszyklus, einschließlich:

  • erste Entwicklung im Rahmen von ATP-Definitionen
  • Validierung und Testung der Robustheit
  • statistische Überwachung während der Routineanwendung
  • Änderungsmanagement innerhalb des Design Space (ICH Q12 angeglichen)

Die Leitlinie ICH Q14 zeigt nicht nur eine gesteigerte Flexibilität bei Änderungen nach der Zulassung, sondern sie vereinfacht auch die Interaktion mit den Behörden.

4. Paradigmenwechsel: Von statistischen Methoden zu dynamischen Systemen

Die Umsetzung der Leitlinie ICH Q14 stellt einen transformativen Wechsel in der Art und Weise dar, in der analytische Methoden innerhalb pharmazeutischer Qualitätssysteme konzipiert, entwickelt und gepflegt werden. In der Vergangenheit wurden analytische Methoden häufig in einer statischen Weise entwickelt: sie wurden einmal während des Methodentransfers oder der Einreichung des Zulassungsantrags validiert und dann wurde erwartet, dass sie während des gesamten Lebenszyklus des Produkts unverändert blieben. Dieser starre Ansatz hat die Flexibilität eingeschränkt, Innovationen behindert und hat es erschwert, analytische Strategien an neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder technologische Fortschritte anzupassen.

Die ICH Q14 fördert dagegen einen dynamischen und wissenschaftsgetriebenen Lebenszyklus-Ansatz, der die analytische Entwicklung mit den bereits in den Leitlinien ICH Q8 bis ICH Q12 entwickelten Grundsätzen für die Produkt- und Prozessentwicklung angleicht. Die wesentliche Idee ist, dass analytische Verfahren nicht nur nachträglich validiert, sondern während ihres gesamten Lebenszyklus proaktiv entwickelt, verstanden und fortlaufend verbessert werden sollten. Dieser Wechsel rückt die Analytik genauso in den strategischen Fokus wie die Formulierung und das Prozessdesign.

5. Herausforderungen & Prognose

Während sie einerseits vielversprechend ist, bringt die Umsetzung der Leitlinie ICH Q14 Herausforderungen mit sich, wie

  • die Notwendigkeit von statistischem Fachwissen und Software-Expertise
  • sowie höhere anfängliche Anstrengungen bei der Entwicklung.

Langfristig wird erwartet, dass sich die Strategie der Leitlinie ICH Q14 aufgrund der steigenden Digitalisierung und der modellgestützten Einreichung von Zulassungsanträgen durchsetzen wird.

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Schlussfolgerung

Die Leitlinie ICH Q14 signalisiert ein neues Zeitalter im Bereich der pharmazeutischen Analytik. Sie verschiebt den Schwerpunkt von der retrospektiven Validierung auf die prospektive wissensgetriebene Entwicklung, die von QbD, Software-Instrumenten und strukturierten regulatorischen Rahmen ermöglicht wird.

Deshalb stellt die ICH Q14 nicht nur eine regulatorische Leitlinie dar, sondern einen strategischen Entwurf für moderne, robuste und zukunftssichere analytische Verfahren.

 

Über die Autoren:
Dr. Alexander H. Schmidt
... bis 05/2025 Geschäftsführer und heute Wissenschafts- und Compliance-Berater bei Chromicent GmbH, Berlin.

Mijo Stanic
... ist Geschäftsführer und technischer Direktor bei Chromicent GmbH, Berlin, Berlin.




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