Häufige und typische GDP-Mängel - eine Auswertung der GDP Non-Compliance-Meldungen seit 2014

    

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Der Großhandel mit Arzneimitteln bedarf einer Großhandelserlaubnis/-bewilligung. Eine solche Erlaubnis/Bewilligung wird innerhalb der Europäischen Union durch die national zuständige Behörde des Mitgliedstaates ausgestellt, in der der Großhändler seinen Sitz hat und Handel treibt. Die Überwachungsbehörden geben die GDP-Zertifikate über eine Schnittstelle in die EudraGMDP-Datenbank ein. Diese Datenbank wird von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) betrieben.1 Ergibt sich bei einer Inspektion, dass die GDP-Konformität des Großhändlers nicht bestätigt werden kann, wird eine sogenannte GDP Non-Compliance-Meldung erstellt.

In den Erläuterungen zur Datenbank heißt es: "Ein Zertifikat über die Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Guten Vertriebspraxis (GDP-Zertifikat) wird dem Großhändler durch die zuständige Behörde ausgestellt, die den Großhandel inspiziert hat, sofern die während der Inspektion gewonnenen Erkenntnisse dazu geführt haben, dass die Anforderungen der GDP-Regularien eingehalten werden (Vorgabe durch das Unionsrecht). Sofern im Ergebnis der Inspektion dem Großhändler die GDP-Konformität nicht bestätigt werden kann, sollte eine non-compliance-Meldung in EudraGMDP erfolgen. GDP-Zertifikate und non-compliance- Meldungen sollen für Großhändler mit Arzneimitteln und Großhändler von Wirkstoffen ausgestellt werden."2

Einträge, die von britischen Behörden bis einschließlich 31. Dezember 2020 eingepflegt wurden, können weiterhin in EudraGMDP eingesehen werden. Seit dem 01. Januar 2021 werden jedoch keine neuen Einträge mehr aufgenommen, mit Ausnahme der Dokumente, die sich auf Standorte in Nordirland beziehen.

Anzahl der Berichte

Die Anzahl der in die EudraGMDP-Datenbank eingepflegten GDP Non-Compliance-Meldungen ist recht überschaubar. Mitte März 2022 waren insgesamt 26 Berichte gelistet, von denen 25 aus dem in diesem Artikel betrachteten Zeitraum - aus den Jahren 2014 bis 2021 - stammen.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick darüber, wie sich die Meldungen auf die einzelnen Jahre verteilen.

Jahr Anzahl der GDP Non-Compliance-Meldungen
2014 1
2015 0
2016 1
2017 1
2018 4
2019 6
2020 6
2021 6

Ausstellende Behörden

Wie sich aus der nachfolgenden Tabelle entnehmen lässt, wurden im Zeitraum von 2014 bis 2021 die meisten GDP Non-Compliance-Meldungen von deutschen Behörden ausgestellt. Die Verteilung zeigt auch, dass zahlreiche Länder noch gar keine GDP Non-Compliance-Meldungen in die Datenbank eingetragen haben.

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Land Anzahl der eingetragenen GDP Non-Compliance-Meldungen zwischen 2014 und 2021
Deutschland 7
Rumänien 4
Tschechien 3
Slowakei 2
Portugal 2
Großbritannien 2
Zypern 1
Spanien 1
Österreich 1
Dänemark 1
Malta 1

Gründe für die Ausstellung

Die im Folgenden abgedruckte Tabelle gibt einen Überblick über die Mängel, die zur Ausstellung der 25 GDP Non-Compliance- Meldungen aus den Jahren 2014 bis 2021 geführt haben. Es wurde jeweils versucht, den betreffenden Mangel einer der Anforderungen aus den EU GDP-Leitlinien3 zuzuordnen. Da die einzelnen Mängel in aller Regel nur sehr knapp dargestellt sind, sind gewisse Ungenauigkeiten bei der vorgenommenen Zuordnung nicht auszuschließen.

Die Gesamtzahl der Mängel ist wesentlich größer als die Anzahl der Berichte, da in den meisten Meldungen mehrere voneinander unabhängige Punkte aufgeführt sind. Typischerweise hat also nicht ein einziger Mangel, sondern eher eine Vielzahl an Abweichungen die jeweilige Behörde zum Ausstellen des GDP Non-Compliance-Reports bewogen. In dem Bericht selbst werden oft jedoch nur die kritischen und schwerwiegenden Mängel aufgeführt, obwohl es ggf. auch weitere Mängel gab.

Bereich

Anzahl
der
Mängel

KAPITEL 1 — QUALITÄTSMANAGEMENT

1.2 Das Qualitätssicherungssystem
unzureichende Dokumentation zum Beleg, dass gemäß den Vorgaben gearbeitet wurde

5

Abweichungen von den festgelegten Verfahren nicht dokumentiert bzw. untersucht

3

kein GDP-konformes Qualitätssicherungssystem vorhanden

2

kein geeignetes Qualitätsrisikomanagement etabliert

2

unzureichende Korrektur- bzw. Vorbeugemaßnahmen (Corrective and Preventive Measures – CAPA)

2

es ist nicht sichergestellt, dass die Qualität und Unversehrtheit des gelieferten Produkts beibehalten werden und es während Transport und Lagerung in der legalen Lieferkette verbleibt

3

QS-Abteilung unterbesetzt

1

kein Änderungskontrollsystem etabliert

1

Zweifel an der Zuverlässigkeit des Geschäftsführers aufgrund eines laufenden Strafverfahrens

1

sonstige / allgemeine Mängel (nicht näher spezifiziert)

4

1.3 Verwaltung ausgelagerter Tätigkeiten
keine hinreichende Kontrolle und Überprüfung der ausgelagerten Tätigkeit

1

1.4 Überprüfung und Überwachung durch die Geschäftsführung
keine Leistungsindikatoren vorhanden, die zur Überwachung der Wirksamkeit der im Qualitätssicherungssystem vorgesehenen Verfahren verwendet werden können

1

KAPITEL 2 — PERSONAL

2.2 Verantwortliche Person
Verfügbarkeit einer verantwortlichen Person nicht sichergestellt

5

Verantwortliche Person kommt ihren Aufgaben nicht nach

5

Zweifel an der Zuverlässigkeit wegen eines laufenden Strafverfahrens

1

2.4 Schulung
keine regelmäßigen GDP-Schulungen / keine Schulungsdokumentation

2

KAPITEL 3 — BETRIEBSRÄUME UND AUSRÜSTUNG

3.2 Betriebsräume
keine geeignete Betriebs- und Lagerräume vorhanden / Lagerräume nicht qualifiziert

4

kein ordnungsgemäßes Zugangskontrollsystem, um den Zugang Unbefugter zu den Betriebsräumen zu verhindern

2

keine ordnungsgemäße Reinigung

1

kein Schädlingsbekämpfungsprogramm

1

keine physische Absonderung nicht verkehrsfähiger Arzneimittel

1

3.2.1 Temperatur- und Umgebungskontrolle
keine bzw. unzureichende Temperatur- und Umgebungskontrolle

4

3.3 Ausrüstung
Temperaturmessgeräte nicht kalibriert

1

Standort der Temperaturmessgeräte nicht ausreichend, um den geforderten Zweck zu erfüllen

1

3.3.1 Computergestützte Systeme
Verwendung eines nicht validierten Systems

1

3.3.2 Qualifizierung und Validierung
Fehlende Validierungs- bzw. Qualifizierungsberichte

2

KAPITEL 4 — DOKUMENTATION

4.2 Allgemein
Dokumentation nicht vorhanden oder nicht auffindbar

4

KAPITEL 5 — BETRIEB

5.1 Grundsatz
Keine Maßnahmen etabliert, um das Risiko des Eindringens gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette zu minimieren

2

Allgemeine Mängel (nicht näher spezifiziert)

1

5.2 Qualifizierung der Zulieferer
ungeeignete Qualifizierung und Zulassung der Zulieferer

9

vor dem Kauf bei einem neuen Lieferanten keine Due-Diligence-Prüfung durchgeführt

2

5.3 Qualifizierung der Kunden
keine Qualifizierung durchgeführt / kein System vorhanden / Qualifizierung unzureichend

7

5.4 Entgegennahme von Arzneimitteln
unzureichende Prüfung (auf gefälschte Arzneimittel)

2

unzureichende Dokumentation

1

allgemeine Mängel

2

5.5 Lagerung
keine Temperaturaufzeichnungen vorhanden

1

allgemeine Mängel (nicht näher spezifiziert)

2

5.8 Lieferung
Dokumentation nicht vorhanden

4

KAPITEL 6 — BESCHWERDEN, RÜCKGABEN,
VERDACHT AUF GEFÄLSCHTE ARZNEIMITTEL,
ARZNEIMITTELRÜCKRUFE

6.2 Beschwerden
Unzureichende Bearbeitung von Beschwerden

1

6.3 Zurückgegebene Arzneimittel
Unsachgemäße Handhabung von zurückgegebenen Arzneimitteln

2

6.4 Gefälschte Arzneimittel
Handel mit gefälschten Arzneimitteln (die nicht aus der legalen Lieferkette stammen)

5

keine Anbindung an das Securpharm-System

1

6.5 Arzneimittelrückrufe
Wirksamkeit der Vorkehrungen für Produktrückrufaktionen nicht sichergestellt / keine Rückruf-Simulationen durchgeführt

3

Verantwortung nicht nachgekommen

1

KAPITEL 7 — AUSGELAGERTE
TÄTIGKEITEN/TÄTIGKEITEN IM AUFTRAG

7.2 Auftraggeber
Inanspruchnahme von nicht qualifizierten Auftragnehmern

1

keine Audits beim Auftragnehmer durchgeführt

1

KAPITEL 8 — SELBSTINSPEKTIONEN

8.2 Selbstinspektionen
keine regelmäßigen Selbstinspektionen durchgeführt

2

KAPITEL 9 — TRANSPORT

9.2 Transport
keine Temperaturaufzeichnungen vorhanden / keine Temperaturkontrollen durchgeführt

2

Temperaturabweichungen nicht hinreichend untersucht

1

SONSTIGES

Falsche bzw. unvollständige Informationen an die Behörde gemeldet / Verstoß gegen die Meldepflichten

5

Bewertung

Viele der in den GDP Non-Compliance-Meldungen dokumentierten Mängel betreffen den Aufgabenbereich der verantwortlichen Person.

Gemäß Kapitel 2.2 der EU GDP-Leitlinien muss der Großhändler eine verantwortliche Person benennen, die ihre Verantwortung persönlich wahrnehmen und jederzeit erreichbar sein sollte. Wie sich der Übersichtstabelle entnehmen lässt, war in fünf Fällen die Verfügbarkeit einer verantwortlichen Person erst gar nicht sichergestellt. In fünf weiteren Fällen war zwar eine verantwortliche Person vorhanden, diese kam ihren Aufgaben aber nicht nach. In einem Fall bestanden aufgrund eines laufenden Strafverfahrens erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit.

Zum Verantwortungsbereich der verantwortlichen Person gehören die Organisation und Kontrolle der Verfahrensabläufe des Großhandelsbetriebs. Neben rein logistischen Tätigkeiten hat die verantwortliche Person beispielweise auch folgende Aufgaben:

  • Sicherstellung, dass regelmäßig ein- und weiterführende Schulungsprogramme durchgeführt werden;
  • Sicherstellung, dass Zulieferer und Kunden zugelassen sind;
  • Genehmigung aller ausgelagerten Tätigkeiten, die Auswirkungen auf die gute Vertriebspraxis haben könnten;
  • Sicherstellung, dass in angemessen regelmäßigen Abständen Selbstinspektionen nach einem vorab festgelegten Programm durchgeführt und die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergriffen werden;
  • Genehmigung sämtlicher Wiederaufnahmen in den verkaufsfähigen Bestand.

Somit können sogar die meisten der in der Übersichtstabelle aufgeführten Mängel zumindest indirekt darauf zurückgeführt werden, dass die betreffende verantwortliche Person ihren Aufgaben gemäß den EU GDP-Leitlinien nicht nachkam.

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Ein Schwerpunkt betrifft hierbei das Thema Arzneimittelfälschungen. Neben dem (vorsätzlichen) Handel mit gefälschten Arzneimitteln wurde mehrfach eine unzureichende Prüfung sowie ungenügende Maßnahmen, um das Risiko des Eindringens gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette zu minimieren, bemängelt. In diesem Zusammenhang sind auch die unzureichende Qualifizierung der Zulieferer, die in immerhin neun GDP Non-Compliance-Meldungen erwähnt wurde, sowie die in zwei Fällen genannte fehlende Due-Diligence-Prüfung zu sehen. Gemäß Kapitel 5.2 der EU GDP-Leitlinien muss nämlich eine Qualifizierung und Zulassung der Zulieferer vor jeglicher Beschaffung von Arzneimitteln erfolgen. Bevor ein Großhändler ein neues Vertragsverhältnis mit einem neuen Zulieferer eingeht, sollte er zudem eine Due-Diligence-Prüfung durchführen. Dadurch soll u. a. das Risiko, dass gefälschte Arzneimittel in die legale Lieferkette gelangen, minimiert werden.

Schließlich ist noch die Qualifizierung der Kunden zu nennen. Gemäß Kapitel 5.3 der EU GDP-Leitlinien müssen Großhändler sicherstellen, dass sie Arzneimittel nur an Personen liefern, die entweder selbst Inhaber einer Großhandelsgenehmigung sind oder die zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind. In sieben Fällen kamen Unternehmen dieser Anforderung nicht nach, weil entweder keine Qualifizierung durchgeführt oder die Qualifizierung seitens der Behörde als unzureichend angesehen wurde.

 

Über den Autor:
Dr. Markus Funk
... ist seit Oktober 2019 bei CONCEPT HEIDELBERG als Fachbereichsleiter tätig und dort für die Themen GDP und Analytik zuständig.

Fußnoten:
1 Ein kostenfreier Lesezugriff auf die EudraGMDP-Datenbank ist über http://eudragmdp.ema.europa.eu/ möglich.
2 http://eudragmdp.ema.europa.eu/inspections/selectLanguage.do; abgerufen am 15.03.2022.
3 Leitlinien vom 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln – 2013/C 343/01.
4 Vgl. Kapitel 2.2 Abs. 5 Ziffern i bis xii der EU GDP-Leitlinien.

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