GMP-Update was gibt es Neues in Deutschland und der EU? - Teil 2

    

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Dieser Beitrag ist die Fortsetzung des Artikels "GMP-Update: was gibt es Neues in Deutschland und der EU? - Teil 1", der in Ausgabe 54, Februar 2020 erschien.

Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung

Nachdem der Bundesrat am 28. Juni 2019 das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen hatte, konnte dieses am 16. August 2019 in Kraft treten. Den ersten Entwurf hatte das Bundesministerium für Gesundheit bereits am 14. November 2018 vorgelegt. Änderungen gab es durch das Änderungsgesetz neben dem AMG in einer ganzen Reihe von Gesetzen.

Bei möglichen Versorgungsmängeln soll durch eine Stärkung der zuständigen Behörden ein zeitnahes und länderübergreifendes Vorgehen sichergestellt werden. Die Krankenkassen wiederum sollen einen Anspruch auf Regress gegenüber dem Hersteller erhalten, wenn es Rückrufe z.B. wegen Produktmängeln gibt. Aber auch die Kassen sollen in Mitverantwortung gezogen werden. Beim Abschluss von Rabattverträgen soll darauf geachtet werden, dass eine unterbrechungsfreie Lieferfähigkeit gesichert ist.

Zusätzlich erhalten die Bundesoberbehörden eine erweiterte Rückrufkompetenz bei Qualitätsmängeln, negativem Nutzen- Risiko-Verhältnis oder beim Vorliegen des Verdachts einer Arzneimittelfälschung und stärkere Befugnisse bei der Arzneimittelüberwachung. Hierzu zählen z. B. Einsichtnahme in Unterlagen zu eingesetzten Wirkstoffen und anderen Ausgangsstoffen (inkl. Informationen zum Hersteller).
Die Inspektorate der Länder sollen zukünftig die Bundesoberbehörden über geplante Inspektionen bei Herstellern von Arzneimitteln und Wirkstoffen in Drittstaaten informieren. Die Bundesoberbehörden können dann an diesen Inspektionen teilnehmen. Bei Verdacht auf Arzneimittel- oder Wirkstofffälschungen oder bei Hinweis auf schwerwiegende Mängel von Arzneimitteln müssen Überwachungsbehörden künftig unangemeldete Inspektionen durchführen.

Sicherheitsmerkmale: Obwohl die Securpharm-Regeln keine Sanktionen oder Bußgelder vorsehen, sollen Verstöße von Herstellern, Großhändlern und Apothekern gegen die neuen Regeln mit Bußgeldern belegt werden. So könnte es z. B. Bußgelder geben bei einer verspäteten Meldung von möglichen Manipulationen.

Das Mutual Recognition Agreement (MRA) EU - USA

Mit der Anerkennung der Slowakei am 11. Juli 2019 waren alle EU-Mitgliedsstaaten von den USA rechtzeitig anerkannt.
Die FDA wurde von der EU schon 2017 anerkannt. Damit konnte das MRA wie geplant in Kraft treten.

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Entfall von Import-Tests

Hauptziel des MRA war es, die GMP-Inspektionssysteme gegenseitig anzuerkennen und die Anzahl der Inspektionen zu reduzieren. Ein weiterer Teil, der für Entlastung sorgen soll, ist der Entfall zusätzlicher Vollanalysen von Human-Arzneimitteln aus den USA beim Import. Eine sachkundige Person (QP) kann sich nun bei der Chargenzertifizierung auf die Freigabe-Dokumentation und die Entscheidung einer US Qualitätsorganisation berufen. Aber um die Testergebnisse vollständig anzuerkennen bzw. zu übernehmen, müssen ein paar Grundvoraussetzungen erfüllt sein, die auch in Artikel 9 des MRA-Dokuments und dem aktuellen Frage- und Antwortdokument (EMA/395913/2019)1 genannt werden:

  • Die Analyse wurde in den Vereinigten Staaten durchgeführt
  • Das Produkt wurde in den Vereinigten Staaten hergestellt
  • Jeder Charge liegt ein Chargenzertifikat bei (in Übereinstimmung mit den WHO-Zertifizierungssystem)
  • Dieses Chargenzertifikat wurde vom Hersteller ausgestellt und bescheinigt, dass das Produkt den Anforderungen der Genehmigung für das Inverkehrbringen entspricht
  • Das Chargenzertifikat ist von der Person unterzeichnet, die für die Freigabe der Charge (in USA) verantwortlich ist.

Hier muss sich die sachkundige Person vorab vergewissern, dass diese Punkte erfüllt sind.

Keinerlei Inspektionen mehr?

Die FDA kann weiterhin zu Inspektionen in die EU reisen. Im bereits oben erwähnten Frage- und Antwortdokument (EMA/395913/2019) heißt es, dass es (nur) erwartet wird, dass die FDA keine doppelten Inspektionen durchführt. Sowohl die EU als auch die FDA haben weiterhin "das Recht, jederzeit im Gebiet des anderen zu inspizieren".

Was ist mit Pre-Approval Inspektionen?

Sogenannte "application-specific inspections", wie z. B. Pre- Approval und Post-Approval Inspektionen der FDA, fallen zwar in den Anwendungsbereich des MRA, aber in ihrem Dokument Frequently Asked Questions vom Juli 20172 weist die FDA darauf hin, dass diese Inspektionen auf dem bei einer bestimmten Zulassungsbehörde eingereichten Antrag basieren und dass "zusätzliche Koordination und Bewertungen erforderlich sind". Auf der regelmäßig aktualisierten Website3 scheint es, dass die FDA beabsichtigt, sich alle Optionen offen zu halten: "FDA will continue to perform some inspections in EU countries with capable inspectorates, such as product manufacturing assessment inspections to support marketing approval decisions". Immerhin erwartet die FDA, dass sie zumindest weniger Routine-Inspektionen in der EU durchführen wird.

Ganz wichtig: Das Anerkennungsdatum von EU-Inspektionen durch die FDA ist der 6. Mai 2019. Das heißt, dass lokale Inspektionen vor diesem Datum nicht anerkannt werden müssen und die FDA zur Inspektion kommen kann.

Wie geht es weiter?

Erweiterungen des Geltungsbereichs sind im Agreement vorgesehen und werden derzeit weiterverfolgt, wie z. B. Veterinärarzneimittel (sollte bis Ende 2019 entschieden werden), Impfstoffe und Plasma-Produkte zur Anwendung am Menschen.

Derzeit stellt die FDA nach Inspektionen in den USA keine GMP-Zertifikate aus. Eine Einführung solcher Zertifikate, wie sie aus der EU bekannt sind, ist derzeit nicht absehbar. Der Austausch auf Behördenebene soll durch "GMP-Dokumente" erfolgen.

Was soll also ein Antragsteller von EU-Zulassungen mit US-Herstellern tun? Hier könnten folgende Dokumente mit eingereicht werden (soweit vorhanden):

  • 90-Day Facility Classification Decision Letter
  • Screenshot der FDA Inspection Classification Database (da kein Ausdruck möglich)
  • Den letzten FDA Establishment Inspection Report
  • Das Export Zertifikat (Certificate of Pharmaceutical Products (CPP)), falls das gleiche Produkt auch in den USA zugelassen ist.
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Revision Anhang 1 zum EU-GMP Leitlinien (Sterile Arzneimittel)

Bereits am 20. Dezember 2017 wurde der Entwurf des Anhang 1 veröffentlicht (Annex 1 "Manufacture of Sterile Medicinal Products; Targeted stakeholders consultation"). Über die geplanten Änderungen wurde auch im GMP Journal bereits umfassend informiert, so dass diese hier nicht erneut thematisiert werden sollen. Die finale Version steht derzeit noch aus und es kann noch einige Anpassungen geben.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die EMA im März 2019 einen Guideline-Entwurf zu Sterilisationsprozessen veröffentlicht hat (Guideline on the sterilisation of the medicinal product, active substance, excipient and primary container). Dieser ist seit 1. Oktober gültig und ersetzt die "Decision trees for the selection of sterilisation methods" aus dem Anhang zur Note for Guidance on Development Pharmaceutics (CPMP/ QWP/155/96). Einen Verweis auf dieses Dokument gab es im letzten Entwurf nicht.

Neuer Anhang 21 zu den EU-GMP Leitlinien (Guidance for Importers of Medicinal Products)

Mittlerweile veröffentlicht wurde der ganz neue Entwurf des Anhang 21. Das "Concept Paper" wurde bereits am 13. Mai 2015 veröffentlicht (EMA/238299/2015), und die Konsultationsphase endete im August 2015. Den ersten Entwurf zur behördlichen Konsultation gab es im November 2016. Seitdem wurden keine weiteren Aktivitäten oder Versionen veröffentlicht.

Das Dokument richtet sich an Erlaubnisinhaber (MIA Holder), die Human- oder Veterinär-Arzneimittel aus Drittstaaten importieren. Nicht abgedeckt sind Produkte, die in der EU/EEA keine Zulassung haben und direkt wieder exportiert werden. Folgende Punkte sollen geregelt werden:

  • Physischer Transfer aus dem Drittland in die EU/EEA
  • Physische Vereinnahmung des Produktes
  • Zertifizierung durch eine sachkundige Person (Verknüpfung mit den Vorgaben des Annex 16)
  • Anforderungen an Gebäude und Einrichtungen
  • Erforderliche Dokumentation
  • GMP-Vorgaben für die Hersteller und Exporteure im Drittland
  • Qualifizierung und Audits in Verantwortung des importierenden Betriebes
  • Prüfung beim Import, falls nicht aus einem Drittland mit MRA oder ACAA
  • Vertragliche Regelungen zwischen allen am Import beteiligten Unternehmen bzw. Personen

Die Frage des "fiskalen Imports" wurde im zweiten Entwurf nicht mehr behandelt. Das heißt, eine Einfuhr aus steuerlichen Gründen (Importe, die ausschließlich auf dem Papier stattfinden) gelten nicht mehr als Importe gemäß den Regelungen des Anhang 21.

ICH Q12

Das International Council for Harmonization (ICH) hat sich vom 16. bis 20. November 2019 in Singapur getroffen. Der Meilenstein dieses Treffens war die Verabschiedung der neuen ICH Q12 Guideline (Schritt 4 des ICH-Prozesses) zu den technischen und regulatorischen Ansätzen für ein flexibleres Produktlebenszyklus- Management. Die neue ICH Q12 Guideline mit zwei Anhängen ergänzt die ICH Qualitätsrichtlinien Q8 bis Q11. Laut ICH zielt die Guideline darauf ab, Innovationen und kontinuierliche Verbesserungen im Pharmasektor zu fördern und die Qualitätssicherung und zuverlässige Produktversorgung zu stärken, einschließlich einer proaktiven Planung von Anpassungen innerhalb von globalen Lieferketten.

Nach der Veröffentlichung der endgültigen Q12 Guideline und ihrer Anhänge auf der ICH-Website wird die nächste Phase die Implementierung von ICH Q12 in den ICH-Regionen sein. Insbesondere in der EU wird jedoch eine Überarbeitung der lokalen Vorschriften (z. B. der EU Variations Regulation) erforderlich sein, um die Konzepte von Q12 vollständig umzusetzen. In den USA hingegen ist die ICH Q12 vollständig mit dem etablierten Rechtsrahmen kompatibel.

Prüfpräparate

Bereits im Mai 2014 wurde eine Neuordnung der Vorgaben zu klinischen Prüfungen in der EU beschlossen. Auch hierzu wurde bereits umfassend berichtet und es gibt nicht viel Neues zu berichten. Die Regelungen werden erst gelten ab dem Anwendbarkeitsdatum der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Das Anwendbarkeitsdatum dieser Verordnung ist gekoppelt an das Funktionieren des neuen elektronischen Clinical Trials Information Systems, dessen Fertigstellung sich seit Jahren hinzieht.

Tierarzneimittel

Die Richtlinie 2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel wird mit Wirkung vom 28. Januar 2022 aufgehoben und durch die Verordnung (EU) 2019/6 ersetzt.

Eine EU-Verordnung (EU-Regulation) gilt direkt und ist für alle Mitgliedstaaten bindend. Modifikationen auf nationaler Ebene sind also nicht möglich und eine Umsetzung in nationales Recht ist nicht erforderlich. Die Verordnung umfasst Bestimmungen zu:

  • Zulassung
  • Maßnahmen nach der Zulassung
  • Herstellung
  • Einfuhr und Ausfuhr
  • Abgabe und Anwendung von Tierarzneimitteln

und regelt Beschränkungen und Sanktionen.

 

Autor:
Wolfgang Schmitt
... wechselte 2006 zu CONCEPT HEIDELBERG und ist seither Fachbereichsleiter für die Themen Qualitätssicherung und GMP.

Fußnoten:
1 https://www.ema.europa.eu/en/documents/other/questions-answers-impact-mutual-recognition-agreement-between-european-union-united-states-11-july_en.pdf
2 https://www.fda.gov/media/103391/download
3 https://www.fda.gov/international-programs/international-arrangements/mutual-recognition-agreement-mra

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