GMP Update 2016/2017 - Was gibt es Neues in der EU? Teil II

    

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Während es in der letzten Ausgabe des GMP Journals um die Änderungen im GMP-Bereich im zurückliegenden Jahr ging, stehen folgend die Änderungen im aktuellen Jahr im Vordergrund1. Die größte und umfassendste Änderung gibt es dabei im Bereich der klinischen Prüfpräparate.

Beginnen wir bei den GCP-Vorgaben. Die aktuell gültige Richtlinie 2001/20/EG "The Clinical Trials Directive" über die Anwendung der Guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen von Humanarzneimitteln wird zurückgezogen und ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (veröffentlicht am 16. April 2014). Das Ziel ist die Etablierung eines europaweit harmonisierten Verfahrens mit einer koordinierten Bewertung. Die bisherigen unterschiedlichen nationalen Umsetzungen der Richtlinie 2001/20/EG werden als Hindernis für multinationale Studien innerhalb der EU angesehen. Die Neugliederung erfolgt daher nicht in Form einer Richtlinie (Directive) mit Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedsstaaten, sondern als EU-Verordnung (Regulation), die keiner Transformation in nationales Recht bedarf - und daher unmittelbar gilt. Alle nationalstaatlichen Regelungen werden dadurch obsolet, was auch zu Änderungen im AMG und der AMWHV führen wird. Mit den im November 2016 vom Bundestag beschlossenen gesetzlichen Änderungen werden insbesondere die nationalen Zuständigkeiten und Verfahren für die Genehmigung klinischer Prüfungen geregelt. Keine Änderungen gibt es bei den zuständigen Behörden. Diese sind weiterhin das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Die Änderungen zum Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln werden voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2018 in Kraft treten.

Obwohl bereits 2014 veröffentlicht, sind die neuen Regelungen noch nicht in Kraft. Bei der EMA muss zur Umsetzung noch ein zentrales Einreichungsportal für klinische Prüfungen eingerichtet werden (auch Antragsdossiers für klinische Prüfungen in nur einem Mitgliedsstaat sind dort einzureichen). Die Verordnung wird in Kraft gesetzt, sobald das zentrale Einreichungsportal implementiert worden ist (mit einer Übergangszeit von drei Jahren).

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Aber auch der GMP-Bereich ist betroffen. Basierend auf Artikel 62 der Verordnung 536/2014 müssen auch die GMP-Anforderungen an Klinische Prüfmuster (Investigational Medicinal Products - IMPs) neu geregelt werden. Dazu wird die Richtlinie 2003/94 zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung beim Menschen bestimmte Prüfpräparate zurückgezogen und durch zwei separate Regularien ersetzt. Eine davon ist ein neuer Delegierter Rechtsakt der Kommission "…on principles and guidelines on good manufacturing practice for investigational medicinal products for human use and inspection procedures, pursuant to the first subparagraph of Article 63(1) of Regulation (EU) No 536/2014". Das Konzeptpapier wurde im August 2015 veröffentlicht.

In der Folge soll der bisherige Anhang 13 zum EU-GMP Leitfaden "Herstellung klinischer Prüfpräparate" auch zurückgezogen werden. Er soll ersetzt werden durch Detaillierte Leitlinien "… on Good Manufacturing Practice for Investigational Medicinal Products for human use, pursuant to the second subparagraph of Article 63(1) of Regulation (EU) No 536/2014". Auch hier wurde das Konzeptpapier im August 2015 veröffentlicht. Interessensgruppen wurden gebeten, hierzu Rückmeldung zu geben. Sie wurden ebenfalls gebeten, einige Fragen zu beantworten. Die Rückmeldungen wurden im März 2016 veröffentlicht. Unter den 26 Feedbackgebern befindet sich auch die IMP Arbeitsgruppe der European QP Association. Die begrüßt die derzeitige Überarbeitung der GMP-Leitlinien für Prüfpräparate, hat aber auch einige Anmerkungen. Im Allgemeinen empfiehlt sie, dass die Anforderungen bzgl. Prüfpräparaten und kommerziellen Arzneimitteln wie in Anhang 16 dargelegt, klar beschrieben werden - z.B. indem eindeutige Vorgaben zu Anforderungen an die Lieferkette ergänzt werden. Weiterhin empfiehlt sie, insbesondere auf die Qualitätssicherung von durch Sponsoren benutzten IRT-Systemen zu achten und eine harmonisierte und konsistente Terminologie in der ganzen IMP-relevanten Richtlinie zu verwenden. Auch einige Änderungen zur Formulierung wurden mit entsprechender Begründung vorgeschlagen.

Wasser für Injektionszwecke (WFI)

Die Monographie 169 des europäischen Arzneibuchs (Pharm.Eur.), Wasser für Injektionszwecke (WFI), wurde überarbeitet. Die Anforderungen gelten seit April 2017.

Was hat sich geändert?
Die Revision bedeutet eine Abkehr von der strikten Forderung nach Destillation als einzige Möglichkeit zur Herstellung von WFI (zur Vermeidung von Biofilmen). Die Revision erlaubt die Herstellung von WFI mit gleichwertigen Verfahren wie Umkehrosmose, gekoppelt mit anderen Techniken.

Der Wechsel von Destillation auf eine alternative Technologie muss aber der zuständigen Überwachungsbehörde angezeigt werden. Die neue Methode muss dabei nachweislich gleich gute Ergebnisse erbringen wie die Destillation. Dies kann nicht nur durch das Einhalten der Spezifikationen bei der Messung gemäß der Ph.Eur Monographie nachgewiesen werden, sondern die Robustheit des Herstellverfahrens muss nachgewiesen werden. Das heißt, dass über eine gewisse Laufzeit durch entsprechende Monitoringdaten die Bildung von Biofilmen auszuschließen ist.

Parallel dazu werden in der revidierten Fassung des Anhang 1 zum EU-GMP Leitfaden die neuen Anforderungen an die Technologie zur Gewinnung von Wasser für Injektionszwecke aufgenommen.

Für eine Arzneibuchmonografie interessant ist die Tatsache Tatsache, dass die GMP/GDP Inspectors Working Group der European Medicines Agency (EMA) hierzu ein Frage- und Antwortpapier entwickelt hat ("Questions and answers on production of water for injections by nondistillation methods - reverse osmosis and biofilms and control strategies"). Der Entwurf wurde im August 2016 veröffentlicht, und die Konsultationsphase endete im November. Das Dokument soll sicherstellen, dass bei Einführung der neuen WFI-Monographie alle kritischen Punkte nicht destillativer Technologien bekannt sind. Es besteht aus einem Satz von sechs Fragen und entsprechenden Antworten und fasst alle durch die europäischen Inspektoren befürchtenden Problempunkte zusammen. Letztendlich bekommt das Dokument dadurch eher den Charakter einer Guideline.

Prozessvalidierung für biotechnologische Produkte Im April 2015 veröffentlicht und bereits am 1. November 2016 in Kraft getreten ist die "EMA Guideline on process validation for the manufacture of biotechnology-derived active substances and data to be provided in the regulatory submission (EMA/CHMP/BWP/187338/2014)". Sie soll die Einführung von QbD-Konzepten und -Prinzipien unterstützen und geht damit in Einklang mit dem Anhang 15 zum EU-GMP Leitfaden und der entsprechenden Leitlinie für die klassischen Arzneimittel.

Im Fokus stehen rekombinante Proteine und Polypeptide, ihre Derivate und Produkte, von denen sie Bestandteile sind (z.B. Konjugate). Die Grundsätze können aber auch auf Impfstoff e, Plasmaderivate oder auch auf andere biologische Produkte angewendet werden. Die Anwendbarkeit bei fraglichen Produkten sollte allerdings mit der lokalen kompetenten Behörde abgesprochen werden.

Advanced Therapy Medicinal Products (ATMPs)

Ein derzeit für die betroffenen Hersteller und Behörden hochkochendes Thema sind die Pläne, die GMP-Anforderungen für ATMPs (z.B. Gentherapeutika somatische Zelltherapeutika, biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte) in einem eigenen Dokument zusammenzufassen und aus den anderen EU-GMP Anforderungen herauszulösen. Ein erster Entwurf wurde hierzu im Juli 2016 veröffentlicht, dessen Konsultationsphase im September 2016 endete.

An sich ist die Idee der EU-Kommission, spezifische GMP-Anforderungen konsolidiert in einem Dokument zusammenzufassen, ja keine schlechte. Denn bei den ATMPs gibt es einige Besonderheiten, die es bei den klassischen Arzneimitteln so nicht gibt. Zu nennen sind hier z.B.

  • Quantitativ begrenzte Ausgangsmaterialien (z.B. Zellen und Gewebe) mit hoher Variabilität
  • Extrem kleine Chargengrößen
  • Kurze Verfallszeiten (meist sind analytische Daten zur Zeit der Applikation noch nicht vollständig vorhanden)
  • Schwierige Qualitätskontrollverfahren

Trotzdem gab es Widerstand von der GMP/GDP Inspectors Working Group der European Medicines Agency (EMA), aber auch aus den Mitgliedstaaten. Alle Regeln, die in anderen Kapiteln oder Anhängen des EU-GMP Leitfaden geregelt sind, müssten für ein "stand alone" Dokument neu formuliert und aktuell (harmonisiert) gehalten werden. Schon jetzt gibt es innerhalb des Leitfadens Probleme der Terminologie. Ein weiteres Dokument könnte zu noch mehr begrifflicher Verwirrung und möglichen Widersprüchen führen. Bevorzugt wäre stattdessen z.B. eine Zusammenfassung von spezifischen Gesichtspunkten der ATMPs in einem separaten Anhang (22) des EU-GMP Leitfadens mit Verweisen auf andere Teile des EU-GMP Leitfadens, so wie das schon mit Radiopharmazeutika in Anhang 3 geschieht. Dies wird aber so nicht kommen.

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AMG-Änderung zur Sachkenntnis von QPs

Das neue Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz - AMVSG2), bringt auch Änderungen im §15 des AMG (Sachkenntnis) mit sich. Das kommt etwas überraschend, denn der Gesetzentwurf greift eigentlich wichtige Anregungen aus dem "Pharmadialog" auf und beinhaltet auch Maßnahmen zur Stärkung und Erhaltung des Versorgungsniveaus mit Arzneimitteln in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Was viele nicht wissen, ist die Tatsache, dass durch Änderungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) auch Anforderungen an die Qualifikation der sachkundigen Person (QP) neu festgelegt werden (durch Artikel 5; Änderung des Arzneimittelgesetzes).

 

 

§15 des AMG (Sachkenntnis) regelt u.a. die akademischen Voraussetzungen zur Ausübung der QP-Tätigkeit. Diese wird nun erweitert und etwas gelockert. Als Studiengang neben den bisherigen Studiengängen Pharmazie, Chemie, Biologie und Human- oder der Veterinärmedizin werden nun auch pharmazeutische Chemie und Technologie anerkannt. Des weiteren wird folgender folgender Satz ergänzt: "Die Mindestdauer des Hochschulstudiums kann dreieinhalb Jahre betragen, wenn auf das Hochschulstudium eine theoretische und praktische Ausbildung von mindestens einem Jahr folgt, die ein Praktikum von mindestens sechs Monaten in einer öffentlichen Apotheke umfasst und durch eine Prüfung auf Hochschulniveau abgeschlossen wird. Die Dauer der praktischen Tätigkeit nach Satz 1 kann um ein Jahr herabgesetzt werden, wenn das Hochschulstudium mindestens fünf Jahre umfasst, und um eineinhalb Jahre, wenn das Hochschulstudium mindestens sechs Jahre umfasst. Bestehen zwei akademische oder als gleichwertig anerkannte Hochschulstudiengänge, von denen sich der eine über vier, der andere über drei Jahre erstreckt, so ist davon auszugehen, dass das Zeugnis über den akademischen oder den als gleichwertig anerkannten Hochschulstudiengang von drei Jahren Dauer die Anforderung an die Dauer nach Satz 2 erfüllt, sofern die Zeugnisse über die beiden Hochschulstudiengänge als gleichwertig anerkannt werden." Diese Ergänzung ist durchaus kompliziert. Was dies konkret bedeutet, zeigt die Tabelle.

Nachfolgende Anerkennung der Sachkunde: sehr interessant ist auch der neue Satz 6), der besagt, dass "eine nach der Überprüfung der erforderlichen Sachkenntnis durch die zuständige Behörde rechtmäßig ausgeübte Tätigkeit als sachkundige Person" auch zur "Ausübung dieser Tätigkeit innerhalb des Zuständigkeitsbereichs einer anderen zuständigen Behörde" berechtigt (falls keine "begründete Anhaltspunkte" vorliegen, dass die nötige Sachkenntnis nicht ausreicht). Das soll die Anerkennung der Sachkenntnisse bei einem Wechsel der Stelle in ein anderes Bundesland erleichtern.

 

Autor:
Wolfgang Schmitt
... wechselte 2006 zu CONCEPT HEIDELBERG und ist seither Fachbereichsleiter für die Themen Qualitätssicherung, GMP und GDP.

 

Fußnoten:
1 Die Zusammenfassung basiert auf dem GMP-Webinar "GMP Update" im Dezember 2016. Eine Aufzeichnung dieses sowie weiterer Webinars finden Sie unter www.gmp-navigator.com/nav_webvid_liste.html.
2 Der Deutsche Bundestag hat in seiner 221. Sitzung am 9. März 2017 aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit - Drucksache 18/11449 - den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz - AMVSG) - Drucksachen 18/10208, 18/10608 - angenommen.

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