GMP-Dokumentation - Worauf achtet ein GMP-Inspektor?

    

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Eines der am häufigsten diskutierten GMP-Themen in der Arzneimittel-Herstellung ist die Dokumentation. Kennen Sie nicht vielleicht auch solche Fragen, wie:

  • Wie werden denn Leerfelder korrekt entwertet (jedes einzeln, jedes einzeln mit Unterschrift, ist ein "Auszetten" möglich? usw.)?
  • Wie authentifiziert man denn GMP-gerecht eine Kopie (eine Unterschrift, zwei Unterschriften, eine Unterschrift zwingend von einer Q-Einheit)?
  • Wo steht eigentlich, dass keine "Gänsefüßchen" (Ditos) erlaubt sind?

Fragen über Fragen. Und doch ist (eigentlich) alles klar.

Forderungen aus dem EU GMP-Leitfaden, der AMWHV und der AMBO

Die Basis zu Anforderungen an eine GMP-gerechte Dokumentation legt der EU GMP-Leitfaden1, Teil I, mit seinem Kapitel 4 (Dokumentation) und dem Annex 11 (computergestützte Systeme) zur Dokumentation mit computerisierten Systemen. Spezifische Anforderungen an Dokumente in der Qualitätskontrolle finden sich noch im Kapitel 6 (Qualitätskontrolle). Nachfolgend fokussiert der Artikel auf das Kapitel 4, EU GMP-Leitfaden Teil I (Arzneimittel) - und insbesondere auf handschriftliche Eintragungen.

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Welche Anforderungen finden sich denn im Kapitel 4 des EU GMP-Leitfadens, Teil I?

Im Kapitel Grundlagen wird betont, dass die Dokumentation vollständig im QM-System definiert sein sollte. Die Möglichkeit der Vielfältigkeit an Dokumentation (Papier, EDV, Foto) wird ausdrücklich erwähnt. Als Hauptziel des Dokumentationssystems wird die Kontrolle, das Überwachen und das Aufzeichnen im Hinblick auf direkte oder indirekte Qualitätsaspekte gesehen. Es wird von einer geeigneten guten Dokumentationspraxis bzgl. der Vorschriften und Protokolle gesprochen. Es werden ferner Kontrollen gefordert, um die Genauigkeit, Richtigkeit, Verfügbarkeit und Lesbarkeit der Dokumente sicherzustellen. Alles Forderungen, die so schon seit Veröffentlichung des GMP-Leitfadens Ende der 80iger Jahre bestehen. Als "schriftlich" wird definiert, dass die Daten in einer für Menschen lesbaren Form wiedergegeben werden können.

Unter dem Unter-Kapitel "Protokolle" finden wir dann eine indirekte Definition für Rohdaten: es sind solche, die als Grundlage für Qualitätsentscheidungen dienen. Rohdaten sollten festgelegt werden (zumindest für elektronische Protokolle).

Im weiteren Abschnitt "Erzeugung und Kontrolle der Dokumentation" fordert der Leitfaden festgelegte Kontrollmaßnahmen für Masterdokumente, für offizielle Kopien, für Datenbearbeitung und Aufzeichnungen. Geeignete Kontrollen zur Richtigkeit und Vollständigkeit der Protokolle während der Aufbewahrungszeit sollten eingerichtet sein. Auch diese Vorgaben existieren schon seit dem Ende der 80er Jahre.

Unterlagen sollten sorgfältig konzipiert, erstellt, überprüft und verteilt werden. Wobei ein Vervielfältigungsprozess von Originalunterlagen nicht zu Fehlern führen sollte. Unterlagen mit Anweisungen sollten von geeigneten und befugten Personen genehmigt, unterzeichnet und datiert sein, das Datum des Inkrafttretens sollte festgelegt sein. Ferner sollten Unterlagen innerhalb des QM-Systems regelmäßig überprüft und auf dem neuesten Stand gehalten werden.

Soviel zu den allgemeinen Anforderungen an Dokumente. Es findet sich wenig Konkretes, außer die o.g. Forderungen nach diversen Kontrollmaßnahmen, dem fehlerfreien Vervielfältigungsprozess, der regelmäßigen Überprüfung auf Aktualität und die Genehmigung, Unterzeichnung (mit Datum) und das festgelegte Inkrafttreten von Dokumenten mit Anweisungen. Wer genehmigt, unterzeichnet und datiert, ist nicht festgelegt. Hier hilft bzgl. Anweisungen für die Herstellungsvorgänge, Spezifikationen, Anweisungen zur Probenahme, Prüfmethoden und anderer Verfahren zur Qualitätskontrolle das Kapitel 2.5 und 2.6 des EU GMP-Leitfadens, Teil I, weiter. Diese Dokumente sollten vom Leiter der Herstellung bzw. vom Leiter der Qualitätskontrolle für ihre jeweiligen Bereiche genehmigt werden. Bezüglich der Genehmigung von schriftlichen Verfahrensbeschreibungen und anderer Dokumente - einschließlich Ergänzungen - teilen sich der Leiter der Herstellung und der Leiter der Qualitätskontrolle die Verantwortungsbereiche (EU GMP-Leitfaden, Teil I, 2.7), wobei hier ausdrücklich auf ggf. nationale Regelungen Bezug genommen wird.

Wie sieht es nun aber mit handschriftlicher Dokumentation aus? Es gibt ein eigenes Kapitel zur Guten Dokumentationspraxis im Kapitel 4 des EU GMP-Leitfadens, Teil I. Wer sich nun umfassende Detailinformationen erhoff t, wird enttäuscht. In drei Abschnitten (4.7, 4.8, 4.9) werden Anforderungen an handschriftliche Eintragungen von Daten beschrieben:

  • klar
  • lesbar
  • nicht entfernbar
  • zeitnah
  • rückverfolgbar

Bezüglich Änderungen von Eintragungen wird eine Abzeichnung und Datierung gefordert - bei Beibehaltung der Lesbarkeit der ursprünglichen Information. Sofern angezeigt, sollte der Grund der Änderung protokolliert werden.

Das sind die Regeln zur handschriftlichen Dokumentation aus dem EU GMP-Leitfaden Teil I (Arzneimittel)!

Finden wir vielleicht mehr Details zur handschriftlichen Dokumentation in Teil II (GMP für Wirkstoff e) des EU GMP-Leitfadens? Nicht wirklich. Die entsprechende Passage findet sich im Abschnitt 6 (Dokumentation und Protokolle) unter 6.14. Wir lesen wieder die Vorgaben nach der Unauslöschbarkeit von Eintragungen, Zeitnähe mit Rückverfolgbarkeit der Eintragung (Person) und die schon o.g. Anforderungen an das Korrigieren von Eintragungen, wobei eine ggf. notwendige Protokollierung des Grundes der Änderung nicht explizit gefordert wird.

Eine Suche in der Arzneimittel- und Wirkstoff herstellungsverordnung2 (AMWHV) in § 10 (Dokumentation) hilft auch nicht weiter. Strenger ist das Ändern von handschriftlichen Eintragungen in der österreichischen AMBO3 geregelt. Sie fordert zwingend eine Begründung für Änderungen.

Diese sehr allgemeinen Regeln haben die pharmazeutischen Firmen entsprechend individuell auf ihre Bedürfnisse (und manchmal auch darüber hinaus) interpretiert und weiter ausgelegt. Diese firmeninternen Regelungen werden häufig in einer Arbeitsanweisung festgelegt (SOP Dokumentation). Und wie das mit Interpretationen so ist, sie können sehr individuell sein… Viele pharmazeutische Zulieferer können davon "ein Lied singen". Was für Firma A an mitgelieferter Dokumentation völlig in Ordnung ist, wird von Firma B vehement abgelehnt - und umgekehrt. Das gleiche gilt für Audits. Je nach persönlichem Hintergrund und eigener Firmenpolicy zur Dokumentation fallen Auditergebnisse manchmal unterschiedlich aus, wenn es um Fragestellungen zur (handschriftlichen) Dokumentation geht.

Könnte man nicht vielleicht irgendwo anders "Honig saugen" um (etwas) mehr auf der sicheren Seite zu sein, was (handschriftliche) Dokumentation angeht?

Interpretationshilfen zur (handschriftlichen) Dokumentation durch das PIC/S-Dokument PI 041-1 (Draft 2)

Tatsächlich können hier die in den letzten Monaten publizierten Leitlinien4,5,6 zum Thema Datenintegrität weiterhelfen. Obwohl die Dokumente manchmal noch im Entwurfsstadium sind, zeigen Sie doch den Stand der Technik. Herausragend - mit 41 Seiten auch vom Umfang - ist hier der Entwurf zu einem PIC/S-Dokument mit dem Titel Good Practices for Data Management and Integrity in Regulated GMP/GDP Environments (PIC/S PI 0041-1 (Draft 2) vom 10. August 20167. Das Dokument ist als Hilfestellung für GMP-Inspektoren im Rahmen von GMP-Inspektionen gedacht. Ausdrücklich wird im Dokument erwähnt, dass es keine zusätzlichen regulatorische Anforderungen stellt, sondern eine Interpretation der aktuellen GMP-/GDP-Anforderungen liefert. Das Thema Risikomanagement spielt im Dokument eine große Rolle und "durchzieht" es quasi wie ein roter Faden. Insofern wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht alle Daten oder Prozessschritte dieselbe Bedeutung im Hinblick auf die Produktqualität und Patientensicherheit zukommen. Risikomanagement sollte die Bedeutung von Daten und Prozessschritten klären.

Beispiele für unterschiedliche Kritikalitäten von Daten werden gegeben (z. B. Daten zur Chargenfreigabe vs. Reinigungsprotokolle im Lager). Die generelle Basis für die Dokumentation liefert das ALCOA-Prinzip:

  • A - attributable (rückführbar)
  • L - legible (lesbar)
  • C - contemporaneous (zeitgleich)
  • O- original (original)
  • A - accurate (korrekt)

Im Prinzip spiegelt das die Anforderungen zur Guten Dokumentationspraxis aus Kapitel 4 des EU GMP-Leitfadens, Teil I, wider.

Mit Bezug auf eine EMA-Leitlinie zu GCP-Inspektionen im Rahmen eines zentralisierten Zulassungsverfahrens wird im Dokument aber auch von ALCOA+ gesprochen. Das "+" sind:

  • Complete (vollständig - auch im Hinblick auf die Wiederherstellung eines Vorgangs)
  • Consistent (einheitlich; die Anwendung von Guter Dokumentationspraxis soll immer erfolgen, auch im Falle von Abweichungen und Änderungen von Daten)
  • Enduring (dauerhaft)
  • available (verfügbar, z. B. für ein Review)

Richtig spannend wird es dann im Kapitel 8 des Entwurfs, in dem spezifischen Betrachtungen zur Datenintegrität von Papierdokumenten gelistet sind. Die Erwartungen zur Erzeugung, Verteilung und der Kontrolle von Daten sind dann tabellarisch unter 8.4 gelistet. Die dreispaltige Tabelle listet in Spalte 1 die laufende Nummer auf, in Spalte 2 die Erwartungen aus Behördensicht und in Spalte 3 potentielle Risiken, wenn die in Spalte 2 genannten Erwartungen nicht erfüllt sind bzw. spezifische Forderungen, die zu kontrollieren sind. Diese 3. Spalte richtet sich an den Inspektor und gibt Hinweise, worauf er während einer Inspektion achten soll. Nachfolgend einige Detailaussagen mit dem Schwerpunkt (handschriftliche) Papierdokumentation:

  • Zusätzliche Seiten, die einem Dokument zur Komplettierung beigefügt werden, sind mit Referenz auf die einzelnen Seiten und der Anzahl der Seiten auf der ersten Seite anzugeben und zu unterzeichnen.
  • Kopien sind zur eindeutigen Unterscheidung von den Original (Master)-Dokumenten klar zu kennzeichnen. Als Möglichkeit wird z. B. farbiges Papier, farbiger Druck oder Wasserzeichen genannt.
  • Jedes Leerdokument muss rückführbar zu identifizieren sein. Die Anzahl der ausgegebenen Leerdokumente ist in einem Register anzugeben. Dazu gehört auch die Kennzeichnung jeder Kopie als z. B. "Kopie 2 von 2". Falls ein Formblatt erneut ausgedruckt werden muss, sollte dies nach einem festgelegten Verfahren erfolgen und sollte begründet (Rationale, z. B. Zerstörung des Originaldokumentes) sein und genehmigt werden. Alle ausgegebenen Protokolle sollten gezählt und abgeglichen werden (Reconcilation).

Welche Anforderungen werden jetzt aber an auszufüllende Dokumente gestellt?

Generell gilt, dass Maßnahmen gegen die Beschmutzung von Protokollen getroffen werden sollen; beispielhaft genannt wird ein Schutz vor Benässen.

Dass handschriftliche Eintragungen von der Person gemacht werden müssen, die eine Aufgabe auch selbst ausgeführt haben, ergibt sich eigentlich schon aus den o.g. Ausführungen. Dass aber kontrolliert werden soll, ob die Eintragungen auch konsistent zur selben Person sind, hat eine neue Qualität. Das ist ein Beispiel für eine Forderung aus dieser "Spalte 3", die dem GMP-Inspektor empfiehlt, worauf er im Rahmen von Inspektionen achten soll.

Leerfelder sollten entwertet, mit einem Datum versehen und unterzeichnet werden. Ditos (Anführungszeichen) sollten nicht benutzt werden. Es sollte im Unternehmen ein einheitliches Datumsformat geben, Protokolle sollten paginiert sein und die Anwesenheit aller Seiten sollte im Rahmen einer Inspektion überprüft werden.

Zur zeitnahen Dokumentation gibt es eine interessante Anmerkung: Der Einsatz einer zweiten Person, die für eine andere Person etwas aufzeichnet, sollte eine Ausnahme sein und nur im Sterilbereich (z.B. bei Eingriffen in die Abfüllung) oder als Hilfestellung bei fremdsprachigen Mitarbeitern möglich sein. Ein Vorgesetzter kann dann die Eintragungen machen, er muss aber den Vorgang gesehen haben (witnessing). In beiden Fällen müssen beide Personen, d.h. die Person, die die Tätigkeit ausführt und die Person, die die Eintragung vorgenommen hat, im Protokoll benannt werden. Die Person, die die Tätigkeit ausgeführt hat, sollte, wenn immer möglich, das Protokoll gegenzeichnen. Das geht auch nachträglich. Generell sollte ein solches Verfahren schriftlich beschrieben sein und die Tätigkeiten, bei denen so verfahren wird, benannt sein.

Explizit angesprochen ist das Verbot eines "overwritings", d.h. Eintragungen, die mit Bleistift gemacht und dann mit Kugelschreiber überschrieben werden. Das ist als GMP-Verstoß zu werten. Es wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass manche Ausdrucke mit der Zeit verblassen; als Beispiel ist Thermopapier genannt.

Unterschriften und Kürzel sollten individuell sein und nicht in Druckbuchstaben ausgeführt werden.

Schlüsseleintragungen sollten unterzeichnet und datiert sein, insbesondere, wenn die Eintragungen über einen längeren Zeitraum zu erfolgen haben. Dann sollte nicht nur die letzte Seite unterzeichnet sein.

Die Nutzung von Stempeln/Siegeln ("seals) sollte nicht gefördert werden, so das Dokument. Wenn Sie dennoch benutzt würden, sollten sie zugriffskontrolliert sein. Natürlich sollte Rückführbarkeit zwischen Stempel/Siegel und Nutzer gegeben sein.

Und wie sieht es mit dem Korrigieren von Dokumenten aus?

Hier empfiehlt das PIC/S-Dokument, die Fehleintragung nur mit einer Linie zu entwerten, so dass die Lesbarkeit weiterhin gewährleistet ist. Die Nutzung von Korrekturflüssigkeiten ist untersagt. Ein Kurzzeichen und ein Datum werden ebenfalls gefordert. Interessant ist die Formulierung zu Begründungen von Änderungen. Wo angebracht, d.h. in kritischen Fällen, sollte der Grund aufgezeichnet und verifiziert werden. Ergänzt wird noch, dass bei Änderungen von kritischen Eintragungen ein fundierter Grund dokumentiert werden und eine unterstützende Beweisführung für die Änderung verfügbar sein sollte. Klar ist eigentlich, dass auch die Änderungen dokumentenecht sein sollten.

Wann und wer sollte die Protokolle überprüfen ("secondary check)?

Kritische Prozessschritte in Chargenprotokollen sollten von einer designierten Person (z. B. dem Vorgesetzten in der Produktion) zu der Zeit, zu der die Tätigkeit stattfand, überprüft/bezeugt (witnessed) werden. Ausdrücklich wird erwähnt, dass sich Inspektoren vergewissern sollen, dass das geeignete Personal während den Produktionstätigkeiten auch verfügbar ist. Hier spielt wohl der "Hintergedanke" nach "einer ausreichenden Zahl an qualifiziertem Personal" (vergl. Grundsätze im Kapitel 2 EU GMP-Leitfaden, Teil I) eine Rolle. Weiterhin werden eine Überprüfung (Review) und eine Genehmigung von einer autorisierten Person im Produktionsbereich gefordert, bevor die Protokolle in die Qualitätskontrolle gelangen. Wieder an den Inspektor gerichtet ist die Forderung, dass dieser/diese jede zweite Überprüfung durch geeignet qualifiziertes und unabhängiges Personal (beispielhaft genannt sind nochmal der Vorgesetzte in der Produktion oder die Qualitätssicherung) überprüfen soll. Eigentlich schon wieder selbstverständlich ist die Forderung nach einer Überprüfung und Genehmigung der Protokolle durch eine Qualitätssicherungseinheit (Authorised Person/Qualfied Person) vor Freigabe der Charge.

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Chargenprotokolle von nicht-kritischen Produktionsschritten sollen entsprechend einem schriftlichen Verfahren nach Ende der Produktion vom Produktionspersonal überprüft werden. Die Überprüfung wird mit Datum und Namenszeichen bestätigt.

Wieder an den Inspektor richten sich Vorgaben zur Überprüfung von Dokumenten durch eine zweite Person. Hier soll er prüfen, ob auch jede Berechnung überprüft wurde. Idealerweise soll der Inspektor anhand von Originaldaten checken, ob für Berechnungen Daten richtig übertragen wurden.

Und wie sollte man mit Ausdrucken von einfachen Geräten umgehen, die keine Daten speichern (Waagen, pH-Meter)? Der Originalausdruck sollte von der Person unterzeichnet und datiert sein, die den Ausdruck erzeugt hat. Man braucht also nicht zwingend eine zweite Unterschrift und keine Beteiligung einer Q-Einheit.

Wie geht man nun mit Kopien von Originaldokumenten ("true copies") um? Auf Papierdokumentation (beispielhaft genannt sind Berichte zu Analysenergebnissen und Validierungsberichte) bezogen bedeutet im Zusammenhang mit einer "true copy", dass das Originaldokument weiterhin archiviert sein muss. Eine Ausnahme gilt für Originaldokumente, die nicht lesbar bleiben (z. B. Thermopapier); hier kann das Original nach Erzeugung der "true copy" weggeworfen werden. Im Rahmen des Kopiervorgangs sollte sichergestellt werden, dass keine Informationen im Vergleich zum Originaldokument verloren gegangen ist. Inspektoren sollen dieses Verfahren im Rahmen von Inspektionen überprüfen. Die Authentizität der Kopie wird dann mit Unterschrift und Datum verifiziert. Das Dokument sollte klar als "true copy" erkennbar sein, bis hin zu einem System, das die Authentizität, z. B. durch Verifizierung der Unterschriften, sicherstellt. Der Empfänger der "true copy" sollte beim Empfang das Dokument überprüfen (review). Wie diese Überprüfung erfolgen soll, wird allerdings nicht erläutert. "True copies" sollten entsprechend der Guten Dokumentationspraxis abgelegt werden. Eine Liste, an wen "true copies" gingen, sollte auf aktuellem Stand gehalten werden.

Interessant sind zum Abschluss noch Beispiele von Mängeln in Bezug auf ihre Klassifizierung bei Inspektionen (critical, major, other). So wird z. B. das fehlerhafte Übertragen von Messergebnissen von "Papierfetzen" in ein Protokoll als "major"-Finding klassifiziert.

Fazit

Eigentlich sollten die im Kapitel 4 EU GMP-Leitfaden, Teil I, beschriebenen Anforderungen zur Guten Dokumentationspraxis ausreichen. Da sie aber wenig konkret sind, bieten sie viel Raum für individuelle Interpretationen und bergen somit auch eine Unsicherheit im Rahmen von GMP-Audits und -Inspektionen. Hier konkretisiert das PIC/S-Dokument PI 041 doch manches. Manchmal ist der Detailierungsgrad in diesem Dokument allerdings sehr groß… Aber, das Dokument ist im Entwurfsstadium. Insofern könnte es sich ggf. hin zum finalen Dokument noch mehr in Richtung "Pragmatismus" entwickeln. Besonders schön im Dokument verankert ist der risikobezogene Ansatz, der ggf. den zukünftig überbordenden Bürokratismus im Bereich der handschriftlichen Dokumentation abzubauen hilft.

 

Autor:
Sven Pommeranz
... ist seit 1996 Fachbereichsleiter bei Concept Heidelberg und verantwortlich für die Themenbereiche Qualifizierung/ Validierung und Medizinprodukte.

 

Fußnoten:
1 https://ec.europa.eu/health/documents/eudralex/vol-4_en
2 http://www.gesetze-im-internet.de/amwhv/
3 https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20005989
4 https://www.gmp-navigator.com/dnews_04795_Die-MHRA-revidiert-kurzfristig-ihre-Guideline-zur-Datenintegrit%25C3%25A4t.html
5 https://www.gmp-navigator.com/dnews_05309_Neue-FDA-Draft-Guidance--Data-Integrity-and-Compliance-with-cGMP--ver%25C3%25B6ffentlicht.html
6 http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/q_and_a/q_and_a_detail_000027.jsp&mid=WC0b01ac05800296ca
7 https://www.picscheme.org/en/publications?tri=draft

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