Die Wahrheit über die 3D-/6D-Regel - 1

    

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Immer wieder gibt es Diskussionen bei der Auslegung von Rohrleitungen, wie man Toträume (dead legs) vermeiden kann und wie lang Rohrabgänge/T-Stücke für Messfühler maximal sein dürfen. Dead Legs werden schlechter durchströmt und lassen sich deshalb schwerer reinigen. Bei der thermischen Sanitisierung dauert es zudem länger, bis auch diese "Äste" die Solltemperatur erreichen. In Ausschreibungen und Prüfungen wird die 3D-/6D-Regel für die Spezifikation genutzt, aber nicht immer ganz korrekt. Um dies näher zu erläutern, soll die Geschichte dieser Regel vorgestellt werden.

Erstmals genannt ist die Regel zur Vermeidung von Dead Legs (in einem WFI-System) 1972 im Entwurf des FDA Guides for Large Volume Parenterals (LVP), 21 CFR 212.49. Wieder aufgegriffen wurde diese Vorgabe - nun als 6DRegel bezeichnet - im "FDA Guide to Inspections of high purity water systems" von 1993. Dieses Dokument dient Inspektoren als Leitfaden für GMP-Inspektionen und wird heute noch genutzt. Dort heißt es:

"One common problem with piping is that of "dead-legs". The proposed LVP Regulations defined dead-legs as not having an unused portion greater in length than six diameters of the unused pipe measured from the axis of the pipe in use. It should be pointed out that this was developed for hot 75 - 80° circulating systems. With colder systems (65 - 75°C), any drops or unused portion of any length of piping has the potential for the formation of a biofilm and should be eliminated if possible or have special sanitizing procedures."

Aus dieser Daumenregel, für die es keine wissenschaftlichen Hintergründe gab, entstand die heute wohl meist zitierte GMP-Vorgabe im Anlagenbau.

Im Jahr 2001 tauchte die Totraum-Regel in einem ISPE Guide wieder auf. Im "ISPE Baseline Guide Water and Steam" wurde nun von der 3D-Regel gesprochen.

In 2005 erschien mit dem Annex 3 des "WHO TRS 929" ein weiteres Dokument zum Thema Pharmawasser. Im "WHO Guide Good manufacturing practices: water for pharmaceutical" use hieß es:

"Dead legs in the pipework installation greater than 1.5 times the branch diameter should be avoided."

In 2007 griff die ISPE diese Regel erneut in ihrem "Good Practice Guide Commissioning & Qualification of Pharmaceutical Water and Steam Systems" wieder auf. Dort heißt es:

"..all branch valves, which separate branch piping from the main loop, will be connected to ensure compliance with the 6-D rule."

Ein weiteres Dokument ist die "ASME BPE-2009", ein Standard der American Society of Mechanical Engineers for BioProcessing Equipment. Hiernach sollten Dead Legs kleiner als 2D sein.

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Im Jahr 2012 revidierte die WHO ihren Wasser Guide, als der aktuell gültige TRS 970 herausgegeben wurde, der im Anhang 2 die Regeln für Pharmawasser beschreibt. Aus den 1,5D wurden nun 3D. Im Originaltext heißt es:

"..dead legs in the pipework should be minimized through appropriate design, and as a guide should not significantly exceed three times the branch diameter as measured from the ID pipe wall to centre line of the point-of-use valve where significant stagnation potential exists."

Zusammengefasst heißt das:

  • Es gibt eine 1,5D- sowie eine 2D-, 3D und auch eine 6D-Regel.
  • Die Regel wurde für heiß gelagerte Wasser-Systeme beschrieben, wird aber auch für alle Cleaning in Place (CIP) Systeme genutzt.
  • Aus einer Daumen-Regel wurde der Industrie-Standard.

Wie sieht es nun in der Praxis aus?

Kann man sich aussuchen, ob man die 1,5D, die 3D- oder die 6D-Regel einhält? Oder ist eine der Regeln besser als die andere?

Man muss hierzu wissen, dass sich die 3D- und 6D-Regel nicht direkt vergleichen lassen, da sie einen anderen Bezugspunkt haben. Bei der 3D-Regel wird die Länge L des Totraums ab der Rohrwand des Hauptrohrs gemessen und in Beziehung zum Durchmesser des abgehenden Rohrs gesetzt. Bei der ursprünglichen 6D-Regel wird die Länge L ab der Rohrmitte des Hauptrohrs gemessen. Dies ist natürlich nicht so geschickt, denkt man an ein Hauptrohr mit relativ großer Nennweite.

 

Bei einem Rohr DN200 wäre L = 100mm, d.h. ein Beprobungsventil DN10 ließe sich 6D-Regel-konform nicht anschweißen. Hier würde selbst ein Ventil, das mit einem Abstand von 0 auf das Hauptrohr geschweißt wäre, den Anforderungen nicht genügen.

Für Reinigung sowie für Aufheiz- und Abkühlprozesse gilt: Je kürzer, desto besser. Mittels handgeschweißten Nähten oder Sonder-Orbitalnähten ist 1,5D oder kleiner technisch möglich, allerdings mit erhöhtem Aufwand. Mittels Ventilblöcken gibt es mittlerweile auch 0D-Lösungen, wobei diese natürlich besonders teuer und planerisch anspruchsvoll sind. Dies gilt für Wassersysteme, aber auch für alle anderen Rohrleitungssysteme in der pharmazeutischen Anwendung, für die die 3D-/6D-Regel - nicht ganz korrekt - ebenfalls immer wieder herangezogen wird.

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Als Regel hat sich "3D- oder kürzer" für Wassersysteme bewährt und gilt als Stand der Technik.

Es gilt aber auch: Je höher das Risiko bzw. der Wert des Produktes, desto kürzer. Deshalb ist bei Biotech-Anwendungen, bei denen die hergestellten Proteine teilweise einige Millionen EUR pro Gramm wert sind, heute die 1,5DRegel der Stand der Technik.

Das kann aber auch bedeuten, dass ein Rohrstück in einem älteren Reindampf-System noch 6D bleiben kann, ohne dass hier ein GMP-Risiko besteht. Auch in einem heiß betriebenen WFI-System können Rohr-Enden eventuell länger als 3D sein, wenn diese regelmäßig durchspült werden.

Eine Garantie für eine "saubere" Anlage ist die 3D-Regel nicht. Hier spielen weitere Einflussfaktoren wie Strömungsgeschwindigkeit, Temperatur, Sanitisierungszyklen, Entnahme- und Spül-Operationen eine Rolle. Die fachgerechte Umsetzung der 3D-Regel ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung.

Autor:
Dr. Robert Eicher
CONCEPT HEIDELBERG

 

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