Die QP und die Herstellung - Geteilte Verantwortlichkeiten und Schnittstellen

    

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Mehr als zehn Jahre gibt es mittlerweile die "sachkundige Person nach Arzneimittelgesetz (AMG) §14" (in Kraft seit August 2006). Mit der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) wurde die sachkundige Person (Qualified Person, QP) in Deutschland vollumfänglich umgesetzt (November 2006). In der Vorgänger-Verordnung, der Pharmabetriebsverordnung (PharmBetrV) war dies noch der "Kontrollleiter oder eine gleichqualifizierte Person (sachkundige Person)". Daneben gab es noch den Herstellungsleiter (heute: Leitung der Herstellung). Damals waren Kontrollleiter und Herstellungsleiter noch direkt Voraussetzung zum Erhalt der Herstellerlaubnis (so wie heute die sachkundige Person alleine). Heute sind die Anforderungen an die Leitung von Qualitätskontrolle und Leitung der Herstellung im Vergleich zu damals gesunken, auch was die Sachkenntnis angeht. Im klassischen Herstellbetrieb tragen jedoch alle drei Funktionen, zusammen mit der Unternehmensleitung, ihren Teil an der Verantwortung für die Arzneimittelqualität. Die Zusammenarbeit und die Abgrenzung werden in verschiedenen Unternehmen unterschiedlich interpretiert und umgesetzt. In manchen Unternehmen kümmert sich die QP einzig und allein um die Chargenzertifizierung. Im anderen Extrem, mischt sie sich in manchen Unternehmen quasi in alles ein. Vieles davon ist historisch gewachsen. Aber inwieweit muss die QP in die Abläufe bei der Herstellung involviert sein? Und was ist zu viel des Guten?

Die einschlägige Gesetzgebung formuliert zum Teil recht eindeutig, für was die QP direkt verantwortlich ist und was daher nicht delegierbar ist. So besagt z.B. AMG §19: "Die sachkundige Person nach §14 ist dafür verantwortlich, dass jede Charge des Arzneimittels entsprechend den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln hergestellt und geprüft wurde. Sie hat die Einhaltung dieser Vorschriften für jede Arzneimittelcharge in einem fortlaufenden Register oder einem vergleichbaren Dokument vor deren Inverkehrbringen zu bescheinigen."

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Die AMWHV § 16 definiert, was die QP zu berücksichtigen hat, bzw., was sie zu prüfen hat, bevor eine Arzneimittelcharge freigegeben wird:

AMWHV §16 (2)
Die Freigabe darf nur erfolgen, wenn
1. das Herstellungsprotokoll und das Prüfprotokoll ordnungsgemäß unterzeichnet sind,
2. zusätzlich zu den analytischen Ergebnissen essenzielle Informationen wie die Herstellungsbedingungen und die Ergebnisse der Inprozesskontrollen berücksichtigt wurden,
3. die Überprüfung der Herstellungs- und Prüfunterlagen die Übereinstimmung der Produkte mit ihren Spezifikationen, einschließlich der Endverpackung, bestätigt hat und
4. bei zugelassenen oder registrierten Arzneimitteln die Übereinstimmung mit den Zulassungs- oder Registrierungsunterlagen und bei Prüfpräparaten die Übereinstimmung mit den Unterlagen für die Genehmigung für die klinische Prüfung, in der sie zur Anwendung kommen, vorliegt.

Wichtig hierbei ist neben der persönlichen Verantwortung für jede zertifizierte Charge, dass die QP mit dem Produkt und mit den für dessen Herstellung und Prüfung eingesetzten Verfahren vertraut ist (AMWHV §16 (1)) und eine kontinuierliche Fortbildung bezüglich Produkttyp, Herstellungsprozess, technischem Fortschritt und GMP-Änderungen nachweist (EU-GMP, Anhang 16, 1.2).

Die zu den Bedingungen in AMWHV §16 (2) gehörigen Tätigkeiten können aber auch von anderen Personen durchgeführt werden, wenn dies durch das System sicherstellt wird. Die Verantwortung obliegt aber uneingeschränkt der QP. Es bleibt also der QP überlassen, inwieweit sie die dazugehörigen Dokumente selbst überprüft oder sich hierbei auf die Vor- oder Zuarbeit anderer Personen verlässt. Sind gar andere Firmen oder Standorte in den Herstellvorgang involviert (z.B. Lohnhersteller oder Auftragslabore), kann die QP notwendige Bestätigungen anderer QPs über Teilherstellungsstufen oder Prüfungen innerhalb eines von ihr anerkannten Qualitätssystems berücksichtigen. Sie bleibt aber "für die Freigabe zum Inverkehrbringen der Charge insgesamt persönlich verantwortlich".

Zusätzlich regelt Anhang 16 zum EU GMP-Leitfaden weitere Details, u.a. in Absatz 1.7 zu den Tätigkeiten, für die eine QP verantwortlich ist, sie aber delegieren kann ("These tasks may be delegated to appropriately trained personnel or third parties"). Hierbei ist unabdingbar, dass sich die QP auf das entsprechende pharmazeutische Qualitätssicherungssystem verlassen muss und sich fortwährend versichern muss, dass diese Vertrauensstellung gut begründet ist. So muss die QP also zum Beispiel sicherstellen bzw. sich überzeugen, dass:

  • die gesamte Prozesskette für die Charge dokumentiert ist (und für die QP, auch als Übersicht, verfügbar ist;
  • Lieferantenqualifizierungssysteme vorhanden sind und alle notwendigen Audits durchgeführt wurden (und die Berichte für die QP verfügbar sind);
  • Spezifikationen, Herstellungs- und Prüfschritte mit den Zulassungen übereinstimmen;
  • Wirkstoff e GMP-gerecht hergestellt, eingeführt und GDP-gerecht geliefert wurden;
  • Hilfsstoff e GMP-gerecht hergestellt wurden;
  • die Chargendokumentation vollständig ist;
  • Herstellungs- und Prüfverfahren validiert sind;
  • der Einfluss aller relevanten Änderungen (Changes) vollständig untersucht wurde;
  • alle Untersuchungen mit Bezug auf die Charge (inkl. OOS & OOT) zufriedenstellend abgeschlossen wurden; usw.

Die dazugehörigen Tätigkeiten kann, wie gesagt, die QP delegieren. Sie muss also beispielsweise die notwendigen Audits nicht zwingend selbst durchführen, und das Lieferantenqualifizierungssystem kann von einer Qualitätssicherungseinheit betreut werden.

In der AMWHV finden sich dann weitere Pflichten, die auch delegiert werden können. So muss die QP die Aufbewahrung von Rückstellmustern jeder Charge eines Fertigarzneimittels und jeder verwendeten Ausgangsstoff charge sicherstellen (AMWHV §18 (1) und (2)), muss jetzt aber nicht persönlich jedes Muster ein- und auslagern.

Die QP ist also in ihrer Funktion eine Art Systemgarant und Dreh- und Angelpunkt bei Abweichungen, Reklamationen und Rückrufen. Auch bei der Delegation ihr zugeordneter Pflichten bleibt die Verantwortung bei der QP!

Und welche Verantwortung hat dann die Leitung der Herstellung?

Die Aufgaben der Leitung der Herstellung und der Leitung der Qualitätskontrolle sind in §12 der AMWHV beschrieben und unabhängig davon schriftlich oder elektronisch festzulegen.

AMWHV §12 (1)
Zu den Aufgaben der Leitung der Herstellung gehören insbesondere
1. Sicherstellung, dass die Produkte vorschriftsmäßig hergestellt und gelagert werden,
2. Genehmigung der Herstellungsanweisung nach § 13 Abs. 1 und Sicherstellung, dass diese eingehalten wird,
3. Kontrolle der Wartung, der Räumlichkeiten und der Ausrüstung für die Herstellung,
4. Sicherstellung, dass die notwendigen Validierungen der Herstellungsverfahren durchgeführt werden, und
5. Sicherstellung der erforderlichen anfänglichen und fortlaufenden Schulung des Personals, das im Bereich der Herstellung tätig ist.

§13 AMWHV besagt nochmals deutlich, dass die Herstellungsvorgänge mit Ausnahme der Freigabe "unter Verantwortung der Leitung der Herstellung nach vorher erstellten schriftlichen oder elektronischen Anweisungen und Verfahrensbeschreibungen (Herstellungsanweisung) durchzuführen" sind. Des Weiteren müssen sie "in Übereinstimmung mit der Guten Herstellungspraxis sowie den anerkannten pharmazeutischen Regeln erfolgen". Gemäß Satz (8) bestätigt die Leitung der Herstellung mit Datum und Unterschrift, "dass die Charge entsprechend der Herstellungsanweisung hergestellt wurde." Das heißt, die Leitung der Herstellung trägt Verantwortung für die in AMWHV §16 (2) festgelegten Bedingungen zur Freigabe durch die QP (zusammen mit der Leitung der Qualitätskontrolle für ihren Teil).

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Schnittstellenmanagement

Wie oben beschrieben, gibt es einige Überlappungen und Schnittstellen, was Aufgaben und Verantwortlichkeiten angeht. Daher ist eine gute Zusammenarbeit und ein reger Austausch zwischen Leitung der Herstellung und QP eine Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung der entsprechenden Verantwortlichkeiten. Zu nennen sind hier u.a.:

  • GMP-Compliance des Herstellungsbereichs und der verwendeten Ausrüstung
  • Validierung der Herstellungsprozesse
  • GMP- und zulassungskonforme Herstellungsdokumente
  • Umgang mit Änderungen und Abweichungen (Dokumentation, Beurteilung, Maßnahmen)
  • Lagerung und Statuskontrolle

Hier können auch Qualitätsmanagement- Funktionen unterstützen. Auch kann und sollte die QP interne Audits und externe Audits und Inspektionen im Betrieb zumindest ab und an begleiten. Das gleiche gilt für Audits bei Lohnherstellern. Die QP sollte im notwendigen Umfang vor Ort im Betrieb zur Verfügung stehen und den Dialog suchen.

Was ist zu viel des Guten? Leider neigen viele QPs dazu, mehr zu machen als nötig und sich um Dinge zu kümmern, die in den Kompetenz- oder Verantwortungsbereich anderer Personen fallen. Es kann passieren, dass die eigenen Kenntnisse bezüglich der Herstellungsverfahren überschätzt werden und die QP sogar Validierungs- oder gar Qualifizierungsaufgaben an sich zieht. Oft wird dadurch auch Doppelarbeit generiert, z.B. bei der Überprüfung der Validierungs- oder Chargendokumentation. Auch können so Kompetenzkonflikte entstehen und es kostet Zeit, die der QP dann bei anderen (wichtigen) Dingen fehlt. Die QP ist aber auf einen reibungslosen Kommunikationsfluss mit den wichtigen internen Kontaktpunkten angewiesen und sollte sich auf Ihre Kernaufgaben konzentrieren können. So können alle ihrer Verantwortung gerecht werden und stellen gemeinsam sicher, dass sichere, wirksame und qualitativ einwandfreie Arzneimittel freigegeben werden können.

 

Autor:
Wolfgang Schmitt
... wechselte 2006 zu CONCEPT HEIDELBERG und ist seither Fachbereichsleiter für die Themen Qualitätssicherung, GMP und GDP.

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