Der Matrix Ansatz im Rahmen der Potency Testung von ATMPs

    

GMP/GDP – Fortbildung jederzeit!

Buchen Sie das gewünschte online GMP/GDP Seminar als Aufzeichnung aus unserer umfangreichen Datenbank. Klicken Sie hier für weitere Informationen.

   

Immer auf dem Laufenden mit unseren GMP-Newsletters

Concept Heidelberg bietet verschiedene kostenfreie GMP-Newsletter an, die Sie ganz nach persönlichem Bedarf abonnieren können.

Abstract: Potency beschreibt die Bioaktivität eines therapeutischen Produkts und ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal, das sowohl Wirksamkeit als auch Sicherheit während des gesamten Lebenszyklus garantiert. Regulierungsbehörden definieren Potency als die spezifische Fähigkeit, eine definierte Wirkung zu erzeugen, wodurch Potency eng mit dem Wirkmechanismus (MoA) verknüpft wird. Insbesondere in der Gen- und Zelltherapie, bei denen Produkte komplexe, mehrstufige MoAs aufweisen, ist die Entwicklung zuverlässiger Potency Tests essenziell. Herausforderungen wie inhärente Variabilität, begrenzte Materialverfügbarkeit und fehlende Referenzstandards erschweren dabei die Testentwicklung und -validierung. Der Einsatz eines Matrixansatzes, der verschiedene quantitative und qualitative Assays integriert, bietet eine vielversprechende Lösung zur umfassenden Potency Messung eines therapeutischen Produkts. Die Integration von Potency Tests in die QTPP- und ATP-Rahmenwerke trägt dazu bei, den Herstellungsprozess qualitativ zu kontrollieren, und die klinische Wirksamkeit der therapeutischen Produkte nachhaltig sicherzustellen.

Potency, nicht nur im Bereich der Zell- und Gentherapie, ist ein Maß für die Bioaktivität eines therapeutischen Produkts, und ein entscheidendes kritisches Qualitätsmerkmal (critical quality attribute, CQA), das sowohl die Wirksamkeit als auch die Sicherheit des Produkts während seines gesamten Lebenszyklus reflektiert und gewährleistet. Regulierungsbehörden wie bspw. die FDA definieren Potency als "die spezifische Fähigkeit oder Kapazität des Produkts... ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen"  (21 CFR 600.3(s)) und verbinden damit Potency intrinsisch mit dem Wirkmechanismus (mechanism of action, MoA) des therapeutischen Produkts. Darüber hinaus bietet die relative Potency, welche üblicherweise durch den Vergleich des Testprodukts mit einem qualifizierten Referenzstandard bestimmt wird, eine quantitative Grundlage für die Bewertung von Änderungen in der Herstellung oder der Produktstabilität im Laufe der Zeit. Diese Tests sind nicht nur für die Produktfreigabe, sondern auch für laufende Stabilitätstests von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass jede Abweichung vom etablierten CQA umgehend erkannt und durch fehlende Lot Freigabe oder Verringerung der Haltbarkeit behoben wird. In der Zell- und Gentherapie, bei der Produkte oft komplexe biologische Systeme und vielschichtige MoAs umfassen, wird die Etablierung eines geeigneten Potency Test unverzichtbar. Dieser Test muss wesentliche funktionelle Merkmale erfassen, die die klinische Wirksamkeit prognostizieren und zuverlässig über Herstellungschargen hinweg reproduziert werden können. Wenn die Potency in das Rahmenwerk eines Qualitätszielproduktprofils (quality target product profile, QTPP) integriert wird, ist sie mit den gewünschten Qualitätsmerkmalen abgestimmt, die sicherstellen, dass das Endprodukt Sicherheits- und Wirksamkeitsstandards erfüllt. Gleichzeitig dient das analytische Zielprofil (analytical target profile, ATP) als strategisches Werkzeug, das die analytische Entwicklung leitet, indem es die notwendigen Spezifikationen definiert, die der Potency Test erfüllen muss, um zu bestätigen, dass die Attribute des Produkts konsistent und robust sind.

ATMP - Short & Simple - Live Webinar

Seminarempfehlung

Thursday, 3 July 2025 14.00 - 16.00 h

ATMP - Short & Simple - Live Webinar

Die Entwicklung von Potency Tests für Gen- und Zelltherapien ist jedoch mit vielfältigen Herausforderungen verbunden, die sich aus der inhärenten Komplexität dieser innovativen therapeutischen Modalitäten ergeben. Eine der Hauptherausforderungen besteht darin, die verschiedenen Schritte, die dem MoA des Produkts zugrunde liegen, genau zu erfassen. In der Gentherapie muss ein erfolgreicher Potency Test beispielsweise eine Kaskade von Ereignissen abbilden: Angefangen vom effizienten Transport zu den Zielzellen, über die effiziente Einbringung und den nuklearen Transport der genetischen Information in den Zielzellen, die anschließende Transkription und Translation eines funktionellen Proteins, das am Ende der Kaskade auf einem oder mehreren Signalwegen eine therapeutische Wirkung entfaltet. Im Bereich der Zelltherapien, wie z. B. bei CAR-T Zellen, entstehen zusätzliche Komplexitäten, da diese Produkte mehrere, manchmal gleichzeitig ablaufende MoAs aufweisen. Dazu zählen bspw. Zytotoxizität, Zytokinsekretion, Proliferation, Expression von (Aktivierungs-) Markern und Differenzierung. Jedes dieser funktionellen Merkmale kann einen eigenen spezifischen Potency Test oder eine Kombination von Potency Tests erfordern, um ein umfassendes Potency Profil zu erstellen.

Zur Bewältigung dieser Herausforderungen, hat sich die Verwendung eines Matrixansatzes als eine mögliche strategische Lösung herauskristallisiert. Dieser Ansatz beinhaltet die Verwendung mehrerer komplementärer Tests - sowohl quantitativer als auch qualitativer Natur - um das gesamte Spektrum der biologischen Aktivität zu erfassen, und so die Einschränkungen eines einzelnen Tests zu kompensieren. Während ein Test beispielsweise die Proteinexpression quantitativ untersucht, könnte ein anderer die funktionelle Aktivität durch zellbasierte Messungen wie Zytotoxizität oder Zytokinfreisetzung bewerten. Die Integration dieser unterschiedlichen Datensätze hilft, vor allem zu Beginn der Entwicklung, ein vollständigeres Bild der Potency zu formen, auch wenn kein einzelner Test alle Aspekte des MoA vollständig erfasst. Der Matrixansatz selbst erfordert eine rigorose Methodenentwicklung und zu späteren klinischen Zeitpunkten eine Validierung, da jeder Test strenge Kriterien für Genauigkeit, Sensitivität und Reproduzierbarkeit erfüllen muss, während er mit dem gesamten QTPP und ATP harmonisiert wird. Dabei wird häufig entschieden, klinisch sehr relevante aber z. B. aufgrund ihrer Variabilität schwierig zu validierende Assays als Charakterisierungsassays zu behalten und weniger komplexe Assays für QC Zwecke zu validieren und für Lot-Freigabe und Stabilitäts-Testungen zu verwenden.

Pharmaceutical Biotechnology for Non-Biotechnologists - Live Online Training

Seminarempfehlung

17/18 September 2025

Pharmaceutical Biotechnology for Non-Biotechnologists - Live Online Training

Eine weitere bedeutende Hürde ist die inhärente Variabilität, die mit diesen fortschrittlichen Therapien verbunden ist. Variabilität kann aus verschiedenen Quellen stammen, einschließlich Unterschieden in der Vektortransduktionseffizienz bei Gentherapien und Spender-zu-Spender-Variabilität bei Zelltherapien, insbesondere bei autologen Produkten. Diese Variabilität erschwert die Entwicklung von Tests, die sowohl robust als auch reproduzierbar sind - Qualitäten, die für die Sicherstellung einer konsistenten Produktleistung über verschiedene Herstellungschargen und klinischen Anwendungen hinweg unverzichtbar sind. Das Fehlen gut charakterisierter Referenzstandards verschärft dieses Problem weiter und erschwert die Etablierung zuverlässiger Dosis-Wirkungs-Beziehungen. Ohne einen allgemein akzeptierten Referenzstandard wird der Vergleich der relativen Potency über verschiedene Chargen und im Laufe der Zeit zu einer erheblichen Herausforderung. Hinzu kommt die Problematik, dass während der frühen Phasen der klinischen Entwicklung oft begrenzte Chargengrößen und knappes Material zur Verfügung stehen, was eine umfassende Entwicklung und Validierung von Potency Tests behindern kann. Diese Einschränkung ist besonders ausgeprägt bei Zelltherapien, bei denen kurze Haltbarkeiten und der sofortige Produktgebrauch die Möglichkeit für umfangreiche Potency Tests einschränken. Die Herausforderung wird durch regulatorische Erwartungen verstärkt, dass Potency Tests nicht nur ein CQA des Produkts widerspiegeln, sondern auch als stabilitätsanzeigende Tests dienen, die zuverlässig Veränderungen im Laufe der Zeit überwachen sollen. Daher müssen Potency Testentwickler ein empfindliches Gleichgewicht zwischen der schnellen Bereitstellung von Potency Tests und der rigorosen Validierung finden, die erforderlich ist, um regulatorische Standards zu erfüllen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entwicklung von Potency Tests für Gen- und Zelltherapien mit erheblichen Herausforderungen einhergeht, die mit der Erfassung komplexer, mehrstufiger MoAs, dem Management inhärenter Variabilität und der Kompensation begrenzter Referenzstandards, Materialverfügbarkeit und Haltbarkeit verbunden sind. Die Anwendung eines Matrixansatzes bietet einen vielversprechenden Weg zur Bewältigung dieser Hürden, erfordert jedoch eine sorgfältige Testgestaltung, umfassende Validierung und kontinuierliche Leistungsüberwachung, um sicherzustellen, dass diese hochmodernen Therapien die hohen Qualitätsstandards für den klinischen Erfolg konsequent erfüllen. Letztendlich hilft die Einbeziehung der Potency Tests in die QTPP- und ATP-Rahmenwerke, die Lücke zwischen präklinischen Machbarkeitsnachweisen und den klinischen Ergebnissen zu überbrücken. Der Herstellungsprozess, und seine möglichen Risiken, werden dadurch vorhersehbarer und kontrollierbarer, was den regulatorischen Erwartungen entspricht. Diese ganzheitliche Strategie unterstreicht die Bedeutung eines gut entwickelten Potency Tests als Eckpfeiler des Qualitätssicherungssystems in der Gen- und Zelltherapieentwicklung und stellt sicher, dass therapeutische Produkte ihre beabsichtigte klinische Wirkung erbringen.

 

Über die Autoren:
Sascha Karassek
...ist Wissenschaftler im Bioassay R&D Team am Standort von Charles River Laboratories am Standort in Erkrath.

Ulrike Herbrand
... ist Scientific Director Global in vitro Bioassays und Leiterin des Bioassay R&D Teams von Charles River Laboratories am Standort in Erkrath.

Zurück

To-Top
To-Bottom