Der lange und kurvenreiche Weg der Revision von Annex 1

    

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Die Key Note Präsentation während des Pharma-Kongresses 2020 wurde von Dr. Bernd Renger, Mitglied der EU GMP Annex 1 Task Force der ECA und ehemaliger Vorsitzender der European QP Association, gehalten.

Dr. Renger beschrieb den Annex-1-Revisionsprozess als einen langen und kurvenreichen Weg. Das Dokument wurde erstmals 1992 herausgegeben und es folgten fünf Revisionen in den Jahren 1996, 2003, 2005, 2007 und 2009. Seit seiner ursprünglichen Herausgabe gab es keine vollständige Überarbeitung des Dokuments. Der Annex 1 ist zudem nicht mit dem FDA Aseptic Guide harmonisiert, der 2004 herausgegeben wurde.

Der erste Entwurf der aktuellen Revision wurde am 20. Dezember 2017 zur Stellungnahme veröffentlicht. Ca. 6.200 Kommentare hat die EU-Kommission dazu erhalten. Die Hauptsorge der Industrie war, dass das Dokument neue Anforderungen definiert, die sich auf die Verfügbarkeit von Arzneimitteln auswirken könnten (Drug Shortages). Die neuen Anforderungen könnten auch zu einem Kostenanstieg bei einigen wichtigen Medikamenten führen.

Im Rahmen des Revisionsprozesses entwickelte die eigens zur Kommentierung eingerichtete ECA Task Force ein 30-seitiges Dokument mit Kommentaren. Ähnlich umfassende Kommentare kamen auch von anderen Interessegruppen. Die Hauptkritik der ECA Task Force bezog sich auf die inkonsistente Verwendung von Verweisen und Terminologie. Darüber hinaus stellt das Dokument eine Sichtweise der Herstellung steriler Produkte dar, die nicht mit anderen Anforderungen - wie z. B. mit den wesentlichen Arzneibüchern - harmonisiert ist.

Im November 2019 nahm die 96. Sitzung die Arbeitsgruppe der GMDP-Inspektoren die Version 10 des Annex I Entwurfs in der 96. Sitzung an. Die folgende, zweite zielgerichtete Konsultationsphase konzentrierte sich auf bestimmte Abschnitte und/ oder erheblich geänderte Absätze, die die meisten Bedenken der Interessengruppen aufwarfen. Besonders deutlich machen diese Bedenken ein Vergleich des Umfangs der aktuellen Version mit dem des zweiten Revisionsentwurfs: die aktuelle Version enthält 127 Abschnitte auf etwa 16 Seiten, der zweite Revisionsentwurf umfasst 291 Abschnitte auf 52 Seiten.

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Der Leitfaden gliedert sich in die folgenden 11 Kapitel:

1. Scope
2. Principles
3. Pharmaceutical Quality System (PQS)
4. Premises
5. Equipment
6. Utilities
7. Personnel
8. Production and Specific Technologies
9. Viable and Non- viable Environmental and Process Monitoring
10. Quality Control
11. Glossary

Mehrere dieser Kapitel enthalten jedoch zahlreiche Überschneidungen mit entsprechenden Kapiteln des EU GMP-Leitfadens, Teil I, insbesondere die Kapitel Grundsätze, pharmazeutisches Qualitätssystem (PQS) und Personal.

Der Abschnitt über die Contamination Control Strategy (CCS) muss als "das" Kernelement des überarbeiteten Annex 1 betrachtet werden. Kapitel 2 "Grundsätze" definiert CCS als "planned set of controls for microorganisms, pyrogens and particulates, derived from current product and process understanding that assures process performance and product quality. The controls can include parameters and attributes related to active substance, excipient and drug product materials as well as components, facility and equipment operating conditions, in process controls, finished product specifications, and the associated methods and frequency of monitoring and control. The expectation is a formal document which reflects the site-wide strategy for minimising contamination control with respect to sterile manufacturing. Each organisation needs to fully understand and review design, procedures, technical and organisational controls. The companies need to assess "isolated" contamination events holistically and should be capable of defining and implementing appropriate corrective and preventive actions (CAPA)."

In Kapitel 3 werden die Anforderungen an das pharmazeutische Qualitätssystem für die Herstellung steriler Produkte beschrieben, die über die in Kapitel 1 des EU GMP- Leifadens (Teil I) beschriebenen Anforderungen hinausgehen, u.a.

  • die proaktive Anwendung der Grundsätze des Qualitäts- Risikomanagements zur Früherkennung und Umgang mit Risiken jeder Art
  • Regelmäßige Überprüfung der Qualitäts-Risikobewertungen
  • Strukturierte Verfahren zur Bearbeitung verschiedener Risikoebenen, die sich aus Qualitätsrisikobewertungen ergeben
  • Mitarbeiter mit ausreichender Sachkenntnis zur Durchführung von Qualitäts-Risikobewertungen
  • Effektive Wege zur Durchführung von Ursachenforschung und zur Implementierung geeigneter CAPAs
  • Personen, die für die Qualitätsfreigabe von sterilen Produkten verantwortlich sind und über angemessene Produkt- und Prozesskenntnisse und Erfahrung in der Herstellung steriler Produkte verfügen

Das Kapitel "Premises" wurde erweitert, um Anforderungen beim Einsatz von Isolator- oder Restricted Access Barrier Systems [RABS]) zu definieren. Die zweite Entwurfsversion des Annex 1 enthält die Anforderung bei, luftgetragene Partikel zu zählen (≥ 0,5 μm und ≥ 5,0  μm). Diese Anforderung ist nicht mit dem FDA Aseptic Guide harmonisiert, der nur Anforderungen an Partikel ≥ 0,5 μm definiert.

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Im Hinblick auf das "non-viable monitoring" enthält der neue Entwurf des Annex 1 auch die Anforderung, luftgetragene Partikel sowohl ≥ 0,5 μm als auch ≥ 5,0 μm zu zählen. Auch der Wortlaut in Bezug auf das mikrobiologische Monitoring ist präziser (9.27): "Continuous viable air monitoring in the Grade A zone (e.g. air sampling or settle plates) should be undertaken for the full duration of critical processing, including equipment (aseptic set-up) assembly and filling operations. A similar approach should be considered for Grade B cleanrooms based on the risk of impact on the aseptic processing. The monitoring should be performed in such a way that all interventions, transient events and any system deterioration would be captured and any risk caused by interventions of the monitoring operations is avoided."

Die aseptische Prozesssimulation (Media Fill) wird in einem separaten Abschnitt beschrieben und umfasst nicht filtrierbare Formulierungen, sterile Pulver, lyophilisierte Produkte und Produktionskampagnen. Die aseptische Prozesssimulation soll abdecken:

Inhärente, für den Routineprozess repräsentative Interventionen mit der maximal akzeptierten Häufigkeit pro Anzahl gefüllter Einheiten.

Korrektureingriffe, die während der Routineproduktion häufig vorkommen, in repräsentativer Anzahl und mit dem höchsten Grad an akzeptablen Eingriffen (z.B. Korrektur von verklemmten Stopfen).

Das Thema Gefriertrocknung wurde im ersten Konsultationsentwurf intensiv diskutiert. Die neue Formulierung entspricht nun der Industriepraxis: "Lyophilizers that are manually loaded or unloaded should normally be sterilized before each load. For lyophilizers loaded by automated closed systems or located within systems that exclude operator intervention, the frequency of sterilization should be justified and documented as part of the CCS."

Der Integritätstest von Filtern vor und nach der Sterilisation (PUPSIT) ist ein Thema, dem ebenfalls viel Aufmerksamkeit gewidmet wird. Obwohl dies bereits eine Anforderung im aktuellen Annex 1 ist, ist der Wortlaut im neuen Entwurf präziser:

  • The integrity of the sterilized filter assembly should be verified by integrity testing before use, to check for damage and loss of integrity caused by the filter preparation prior to use.
  • A sterilizing grade filter should be subject to a non-destructive integrity test post-use prior to removal of the filter from its housing. ….
  • It is recognized that pre-use post sterilization integrity testing (PUPSIT) may not always be possible after sterilization due to process constraints (e.g. the filtration of very small volumes of solution).
  • In these cases, an alternative approach may be taken providing that a thorough risk assessment has been performed and compliance is achieved by the implementation of appropriate controls to mitigate any risk of non-sterility.

 

Der Vortrag von Dr. Renger gab einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Revision von Annex 1. Die EU-Kommission wird nun die von den Interessengruppen wie dem der ECA Foundation eingegangenen Kommentare überprüfen und wird höchstwahrscheinlich ein weiteres Jahr benötigen, bis das endgültige Dokument veröffentlicht wird.

Autor:
Oliver Schmidt
... ist Geschäftsführer von CONCEPT HEIDELBERG.

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